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Indie Review / Test

Sterben ist unausweichlich – Driven Out

In zahlreichen Previews zu Driven Out war immer wieder zu lesen, es sei ein Dark Souls im 2D-Pixellook. Ein Vergleich, den ich durchaus verstehen kann, aber für mich ist es klassischen Arcade-Sidescrollern wie Ghouls‘n Ghosts und Hardcore-Plattformern wie Super Meatboy deutlich näher.

Wenn man Dark Souls jetzt allein darauf reduziert, dass es schwer ist, mag das passen, aber die meisten werden bei solch einem Vergleich auch ein Rollenspiel mit Story, Ausrüstung und Charakterwerten erwarten. Auf all das wird in Driven Out aber ganz bewusst verzichtet und wenn man sich dessen bewusst ist, kann man trotzdem viel Spaß damit haben. Zumindest, solange man ein dickes Fell hat, denn man stirbt wirklich verflucht oft. Jeder einzelne Gegner ist eine Herausforderung und kann euch insbesondere bei den ersten Begegnungen sehr schnell ins Jenseits schicken. Mit jedem Ableben seid ihr aber (hoffentlich) ein wenig schlauer und einer Lösung ein Stückchen näher.

Es geht stets darum, die Angriffe der Gegner abzuwarten, sie zu lesen und dann eine passende Reaktion zu entwickeln. Sowohl ihr selbst als auch die Feinde können oben, unten sowie mittig Blocken und Angreifen. All das geschieht aber fast immer derart schnell, dass ihr nicht einfach nur mit guten Reflexen dagegenhalten könnt. Ihr müsst die Animationen wirklich sehr genau studieren und euch einprägen. Nur wenn ihr die Aktionen schon in ihren ersten Frames erkennt, könnt ihr rechtzeitig auf der korrekten Höhe blocken. Gleichzeitig ist der Spielraum für Fehler minimal, denn schon mit dem dritten Treffer geht die Heldin zu Boden. Ihr braucht also stets höchste Konzentration und eine Menge Geduld, doch mit der erfolgreichen Abwehr allein ist es ja noch nicht getan.

Nach dem Block öffnet sich ein winziges Zeitfenster, das euch einen Gegenschlag ermöglicht. Der muss ebenfalls gut überlegt sein, denn manche Gegner lassen auf einen Block noch weitere Schläge folgen. Obendrein sind einige nicht immer an den gleichen Stellen verwundbar und manchmal müssen sie auch erst noch mit einem Aufwärtshieb von den Beinen geholt werden. Im späteren Spielverlauf erweitern dann noch mehr Feinheiten den Kampf. Dann spielt zum Beispiel auch mal die Reichweite eine zentrale Rolle oder man braucht beim Block auch noch perfektes Timing, um einen Konter zu initiieren. Selbst einige Gegner mit Fernangriffen gibt es. Und immer wenn ihr glaubt, dass ihr den Dreh wirklich raus habt und es nicht noch schwieriger werden kann, trefft ihr auf einen neuen Widersacher, der zunächst unbezwingbar erscheint.

Durch eine clevere Idee schaffte es das Spiel aber trotzdem, dass ich es immer weiter versuchte und der Frust nie – oder zumindest selten – die Oberhand gewann. Neben den normalen Checkpoints, die nach einem besiegten Boss respektive am Anfang eines neuen Gebietes gesetzt werden, gibt es auch noch manuelle Checkpoints. Die Heldin findet nämlich gleich zu Beginn ein merkwürdiges Gerät, das euch erst ein zweites Leben schenkt und danach als Checkpoint dient. Ihr dürft es bis zu zwei Mal platzieren und könnt es dann nach einem Boss wieder aufladen. Auf diese Weise könnt ihr selbst den Schwierigkeitsgrad ein wenig beeinflussen und euren mühsam errungenen Fortschritt sichern. Das macht die Gegner zwar nicht einfacher, aber man kann eben ganz gezielt wieder an der Stelle einsteigen, die einem gerade die meisten Probleme bereitet.

Im Grunde kämpft man sich nur von einem Duell zum nächsten und dazwischen gibt es weder andere Aufgaben noch wird irgendeine Art von Geschichte erzählt. Damit der Spieler dennoch neugierig bleibt, gibt es eine Vielzahl an Gegnertypen, die nicht nur immer wieder ein wenig anders bezwungen werden wollen, sondern auch visuell kaum unterschiedlicher sein könnten. In der Traumwelt von Driven Out begegnet man nämlich nicht nur mächtigen Rittern mit Schwert und Rüstung. Die sind nur der Anfang einer langen Reihe von ungewöhnlichen Kriegern und Bestien. Werwölfe, die an Castlevania erinnern und Drachen in allen Größen sind schon etwas interessanter, aber man trifft noch auf viel bemerkenswertere Wesen. Wütende Gorillas in Uniform, eine muskelbepackte Dämonenziege mit Streitkolben, monströse Insekten, Ninja-Frösche und Killervögel sind nur einige davon.

Diese und noch viele weitere Kreaturen sind auf verschiedene Biome verteilt, die ihr weitestgehend linear bereist. Ihr durchquert die gesamte Welt zwar komplett ohne Unterbrechungen, aber letztlich wirken die verschiedenen Gebiete nicht wirklich wie eine zusammenhänge Welt. Nicht zuletzt dadurch, dass in jedem Biom immer nur eine bestimmte Gruppe von Gegnern sowie ein Boss heimisch ist, könnten es auch genauso gut separate Level sein. Das stört aber nicht weiter und eines verbindet sie auf jeden Fall. Für Fans von malerischen Hintergründen in klassischer Pixel-Art sind sie eine echte Augenweide und natürlich sind auch die Kreaturen allesamt sehr liebevoll animiert.

Manch ein Spieler wird es sicher als vertane Chance betrachten, dass Driven Out weder eine Story noch irgendwelche RPG-Elemente hat und man die wunderbare Optik durch die knallharten Kämpfe oft nicht so recht genießen kann. Für die ist es aber auch gar nicht gemacht. Driven Out ist vor allem für all jene gemacht, die ein Spiel nicht nur spielen, sondern es besiegen und sich die Credits wirklich mit Wut, Schweiß und Tränen verdienen wollen.

Plattform: Xbox One, PC, PS4
Release: 18. Oktober 2019
Entwickler: No Pest Productions
Publisher: Jens Kolhammar
Genre: Sword-Combat, Sidescroller, Retro, Challenging
Meine Spielzeit: ca. 5h
Preis: ab 12,49 €
Website | Xbox-Store | PSN-Store | Steam

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