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Zurückgeblättert: Ein Blick in die Mega Fun 2/99

Als würden all die verstaubten Kisten mit unzähligen Spielen, zig Controllern und veralteter Hardware nicht schon reichen, horte ich auch noch stapelweise alte Spielezeitschriften aus den 90ern und 2000ern. Als Jugendlicher investierte ich mein dürftiges Taschengeld meist lieber direkt in Spiele als in Magazine und so kaufte ich die meisten davon erst als sie schon längst von den Verlagen eingestellt wurden.

Auf eine Art will ich damit vermutlich nachholen, was ich mir damals nicht leisten konnte, aber ich finde es auch einfach interessant, wie man damals über Spiele geschrieben hat und wie bestimmte Titel aufgenommen wurden. Obendrein weckt es natürlich auch Erinnerungen und manchmal entdeckt man sogar noch ein interessantes Spiel, von dem man bis heute nichts gehört hat. Da ich weiß, dass es vielen von euch da ähnlich geht, will ich in dieser neuen Rubrik ein paar meiner Eindrücke und Erinnerungen mit euch teilen. Als erstes blättern wir etwas durch eine Ausgabe des Multi-Plattform-Magazins Mega Fun (Computec Media) und springen genau 20 Jahre zurück.

Beim Aufschlagen springt mich gleich die erste Anzeige an, die ja damals gefühlt mindestens die Häfte jedes Magazins ausgemacht haben. Anders als bei Fernsehen und Websites habe ich die Printanzeigen damals aber nur selten als störend empfunden und heute sind sie oft sogar für einen Lacher gut. Auf zwei Seiten wird hier Blaze & Blade für die PlayStation angepriesen und daran kann ich mich noch recht gut erinnern. Es war eines der ganz wenigen Action-Rollenspiele für Konsolen, die man mit bis zu vier Leuten im Koop spielen konnte. Schon das allein reichte, um es mal aus der Videothek zu holen und es mit Freunden anzuspielen. Wirklich weit kamen wir damals nicht, glaube ich, aber vergessen habe ich das Spiel nie. Stattdessen habe ich es vor ein paar Jahren gekauft und nun wartet es darauf, dass ich irgendwann mal wieder vier Leute an einem Multi-Tap versammeln und auf Zeitreise schicken kann.

Auf das Inhaltsverzeichnis (mit dem obligatorischen Team-Foto) und Anzeigen für Actua Soccer und V-Rally 99 folgt dann die vielleicht interessanteste Story der ganzen Ausgabe, zumindest aus damaliger Sicht. Auf vier Seiten wird SEGAs Dreamcast besprochen, der kurz zuvor sehr erfolgreich in Japan gestartet war. Wie zu erwarten war, findet sich in dem etwas oberflächlichen Bericht über meine absolute Lieblingskonsole aber leider kein Detail, das mir nicht sowieso schon bekannt war. Passend zur Konsole breitet man auf satten acht Seiten ein Preview zu Virtua Fighter 3tb aus. Der seltsame Fun-Racer PenPen TriIcelon und Godzilla Generations werden auf nur je einer Seite abgefertigt und July, der vierte Launch-Titel, wird aufgrund der Sprachbarriere gleich komplett ignoriert. Stattdessen erwähnt man noch kurz Shenmue und damals hätte wohl keiner zu träumen gewagt, dass die echte Spielgrafik sogar noch besser aussehen würde als die abgedruckten Screenshots aus den Videosequenzen.

Nach dem Dreamcast-Block sind die Previews für N64-Besitzer an der Reihe, wobei Konamis Neuheiten und allen voran das 3D-Debüt von Castlevania im Vordergrund stehen. Letzteres kommt in der Vorschau der Mega Fun ziemlich gut weg „Erster Eindruck: Rundum gelungen, ein kommender Hit?“, bekam einen Monat später dann aber doch „nur“ 74 % und auch bei den Fans gehört es heute eher zu den unbeliebteren Ablegern der Kult-Serie. Viel interessanter finde ich da die Seite zu Hybrid Heaven, einem eher ungewöhnlichen SciFi-RPG. Bislang kannte ich das nur vom Namen her und obwohl die Wertungen später sehr auseinander gingen, wandert das jetzt mal auf meine (ziemlich kurze) N64-Wunschliste. Offenbar steuert man einen indianisch anmutenden Helden, der den Präsidenten aus den Fängen von Außerirdischen befreien muss… oder so ähnlich. Auf jeden Fall gibt es ein rundenbasiertes Kampfsystem, bei dem man ordentlich Prügel verteilt und die Körperteile leveln einzeln auf :D. Das kuriose Mystical Ninja 2 finde ich zwar auch nicht schlecht, die Preise von 45 € und mehr ist mir das Modul aber definitiv nicht wert.

In einem kurzen Kommentar in den gemischten News schreibt ein Redakteur: „…wer will überhaupt noch den Überblick bei der ganzen Softwareflut behalten?“. Wie der wohl reagiert hätte, wenn man ihm erzählt hätte, dass allein die Macher von Half-Life 20 Jahre später in ihrem eigenen Store mehr als 30.000 „Spiele“ anbieten werden? In einer kurzen News ist außerdem von einem obskuren neuen Nintendo-Prügler namens Smash Brothers die Rede und PS-Besitzer können sich eine ausgesprochen hässliche Memory Card im Lara Croft-Design importieren.

Unter den PS-Previews tummeln sich gleich drei hochkarätige Fortsetzungen zu einst großen Serien, die heute leider allesamt auf Eis liegen. Mit vier Seiten sichert sich Ridge Racer Type 4 die Pole Position und die hat es auch bei den meisten Spieler inne, wenn man fragt, was für sie der Höhepunkt dieser Reihe ist. Ich war nie der ganz große Fan, aber nach sieben Jahren ohne klassisches RR hätte ich gegen einen neuen Ableger nichts einzuwenden, vor allem dann, wenn er mit Type 4 mithalten kann.

Das letzte richtige Legacy of Kain ist sogar mehr als doppelt so lange her und das ist schon echt schwer zu glauben. Der erste Teil gilt zwar eher als Geheimtipp, aber mit Soul Reaver avancierte die Vampir-Saga für einige Jahre zu einer der interessantesten Marken im Eidos-Portfolio. Mit zwei parallel existierenden Spieldimensionen und einer cleveren Streaming-Technik mischte Crystal Dynamics das Genre der Action-Adventures sowohl technisch als auch spielerisch ordentlich auf. Leider habe ich es auf dem Dreamcast zwar mehrfach angefangen, aber bis heute nicht durchgespielt. Das sollte ich wirklich mal langsam ändern und dann kann ich auch gleich mal die anderen Teile abstauben. Der bislang letzte Teil, LoK: Defiance, erschien bereits 2003 und den letzten Versuch einer Wiederbelebung, genannt Dead Sun, stampfte Square Enix 2012 auf halbem Weg ein. Lediglich der Multiplayer-Part schaffte es später in Form des – inzwischen wieder eingestellten – F2P-Titels Nosgoth bis zu den Spielern.

Neben Soul Reaver hatte Crystal Dynamics noch ein weiteres Eisen im Feuer. Mit dem Untertitel Deep Cover Gecko ging ihr grüner Hüpfer Gex im Frühjahr 99 bereits in die dritte Runde. Den Status eines Mario oder Sonic erreichte die Echse zwar nie, aber unter den vielen Versuchen, auf der PlayStation einen ähnlichen Kult-Plattformer zu etablieren, war Gex sicher eines der Highlights. Wenn mich meine verschwommenen Erinnerungen nicht täuschen, dann machten gerade die verschiedenen Kostüme und die dazugehörigen Mechaniken Teil 3 zu einer starken Konkurrenz für Crash Bandicoot und Spyro.

Damit ist der Preview-Bereich zwar noch längst nicht durchgeblättert, aber die restlichen Titel sind entweder eher unspektakulär (Prince Naseem Boxing…) oder wecken bei mir einfach keine Erinnerungen (Mario Party). Naja, bis auf Warzone 2100. Das 3D-Strategiespiel für PS sowie PC hatte ein paar interessante Features zu bieten und eine kleine Fangemeinde hält es in Form eines Open Source-Projektes bis heute am Leben.

Offenbar fing das Jahr 1999 in Sachen Neuerscheinungen ziemlich lahm an. Anders kann ich mir zumindest nicht erklären, dass die erste Hälfte des Magazins fast nur aus Vorschau-Artikeln besteht und für Tests dann gerade mal 11 Seiten übrig bleiben. Davon sind allein vier Seiten für Star Wars: Rogue Squadron reserviert. Das war ja damals eines der Aushängeschilder des N64, aber ich bin eher ein Fan von Shadows of the Empire, das sich zumindest in meiner Erinnerung irgendwie besser gespielt hat und abwechslungsreicher war.

In die verbleibenden 7 Seiten hat man größtenteils B-Ware gequetscht, an die sich heute wohl zu Recht kaum noch jemand erinnern dürfte. Dazu gehören eigentlich auch TopGear Overdrive und Nightmare Creatures, aber die stehen trotzdem noch auf meiner Wunschliste, wenn auch ziemlich weit unten. Von letzterem war das Sequel auf dem Dreamcast zwar ziemlich enttäuschend, aber der Vorgänger soll wohl deutlich besser gewesen sein. Für Shmup-Fans ist sicher auch noch der Test zu R-Type-Delta interessant, aber das ist nun wirklich nicht mein Genre.

Wie damals üblich wird der hintere Teil des Magazins von Leserbriefen, Tipps und Kleinanzeigen dominiert, die ich an dieser Stelle einfach mal überspringe. Kurz vor Schluss tauchen sogar noch zwei Seiten mit Tests zu GameBoy Color Spielen auf. Ich gebe ja zu, dass der Unterschied zwischen Handheld und Heimkonsole gerade damals recht groß war, dennoch ist es komisch, die so stark von den übrigen Tests zu separieren. Außerdem findet sich hier der wahre Test des Monats. Mortal Kombat 4 heimste rekordverdächtige 9 % ein. In der „Technik-Ecke“ gibt es zudem ein paar oberflächliche Infos zur Hardware, die in PS, N64 & Co. werkelt und natürlich dürfen die monatlichen Hit-Listen nicht fehlen.

Die Mega Fun schaffte es zwar immerhin auf sieben Jahre, zählte aber wohl nie zu den wirklich bedeutenden Magazinen am Markt und wurde im Gegensatz zu vielen anderen Magazinen bereits Ende 2000 eingestellt. Wenn ich mir diese Ausgabe so ansehe, dann wundert mich das auch nicht. Das Layout und die Rubriken sind schon okay, lassen aber Persönlichkeit vermissen. Wenn ich jemandem beschreiben müsste, wie das durchschnittliche Games-Magazin in den Neunzigern ausgesehen hat, dann könnte ich ihm wohl einfach diese Mega Fun in die Hand drücken. Auch die Texte wirken eher generisch und haken mir zu sehr die Features ab, aber das kann man sicher von vielen Magazinen jener Zeit sagen.

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