Das junge Mädchen Nairi führt ein sehr behütetes Leben im Reichenviertel von Shirin. Ihr Vater ist eine wichtige Persönlichkeit in einem der religiösen Räte und es mangelt ihr an nichts, außer an Freiheit. Doch das ändert sich schlagartig als sie eines Abends fluchtartig ihr Heim verlassen muss.
Das Adventure entführt uns in die Oasenstadt Shirin, in der Menschen und (anthropomorphe) Tiere zusammenleben. Die meisten von ihnen gehören einem uralten Sonnenkult an und zu Ehren ihrer Göttin Soluna arbeiten sie schon seit Generationen an einem mächtigen Turm im Zentrum der Stadt, der sich Jahr für Jahr immer weiter in den Himmel schraubt. Der Glaube eint die Stadt aber nicht, viel mehr gibt es rivalisierende Räte, welche um die Deutungshoheit der Religion streiten. Und die wachsende Kluft zwischen reicher und armer Bevölkerung sorgt für zusätzlichen Zündstoff.
Nach einem kurzen Abstecher in die Wüste findet ihr euch in besagter Stadt wieder, die ihr in aus der Ich-Perspektive erkundet. Ihr klickt euch von Bildschirm zu Bildschirm, redet unterwegs mit den zahlreichen Bewohnern der Stadt, trefft ein paar Weggefährten und sammelt nebenbei alles ein, was nicht niet- und nagelfest ist. Die gefundenen Objekte nutzt ihr, um damit Leute zu bestechen und neue Areale zu erreichen. In der ersten Hälfte bleiben die Aufgaben sehr simpel, wodurch das Spiel zunächst doch eher an eine Visual Novel oder Hidden Object-Spiele erinnert. Erst zum Ende hin wird es etwas kniffliger. Dann kommt unter anderem ein magisches Amulett ins Spiel, mit dem ihr an bestimmten Stellen in eine „alternative Version“ der Spielwelt wechseln müsst. In diesen Momenten ist es einem richtigen Adventure zwar deutlich näher, das Puzzle-Design bietet jedoch bis zum Schluss selten mehr als Durchschnittskost.
Das ist aber okay, denn NAIRI hat dafür andere Stärken, allen voran die Präsentation. Die beiden Gründer des niederländischen Entwicklers Home Bear Studio sind große Fans von Animes wie Ghiblis Spirited Away (Chihiros Reise ins Zauberland) und Zeichentrickserien wie Nickelodeons Avatar. Ihr Erstlingswerk, das sie vor zwei Jahren bei Kickstarter finanzierten, ist unübersehbar von diesen Werken inspiriert worden. Es kombiniert detailreiche statische Hintergründe mit eher stilisierten aber dafür oft auch animierten Charakteren. Das Ergebnis ist oft wirklich zauberhaft anzusehen und erinnert tatsächlich an so manchen Anime-Klassiker. Das unterstreicht auch der dezente Soundtrack.
Genau wie bei den japanischen Meistern des Animationsfilms gibt es hier und da zwar auch ein paar finstere Gesellen und bedrohlichere Story-Elemente, aber insgesamt richtet sich Nairi stilistisch wie auch inhaltlich eher an ein jüngeres Publikum. An sympathischen Figuren mangelt es keineswegs, aber leider fehlt es ihnen dann doch an der Vielschichtigkeit, die man eben von Meistern wie Ghibli kennt. Zudem trüben das offene Ende, zahlreiche Übersetzungsfehler und kleinere technische Probleme den Gesamteindruck etwas.
Solange man also nicht mehr als ein lockeres und zuweilen kindliches Abenteuer mit hübscher Verpackung erwartet, lohnen sich die 10 € für NAIRI: Tower of Shirin durchaus.
2 Antworten auf „Ein Hauch von Ghibli – NAIRI: Tower of Shirin“
Über das Spiel bin ich schon mehrfach gestolpert und ich finde es immer wieder hübsch anzusehen. Ich sollte es einfach kaufen. Zumal du ja nicht unzufrieden damit bist. Ich werde es sicherlich mögen und für die Switch scheint es mir wie gemacht.
Der Look ist definitiv das Beste am Spiel. Die 10 € ist es sicher wert, man darf halt nur kein „echtes“ Adventure erwarten.