Schon vor knapp einem Jahr war The Last Look vom Berliner Indie-Studio ChaosCore in meiner Screenshot-Parade zu sehen und seither hat sich viel getan. Mittlerweile ist das Horror-Spiel auf Steam in die Early Access-Phase gestartet und ich habe mich mal durch das erste Kapitel gegruselt.
In der Rolle der jungen Alice Johnson findet ihr euch auf den kalten Fliesen eines Badezimmers wieder. Die Badewanne ist bis zum Rand mit einer ekligen Brühe gefüllt, die Wände sind mit unheimlichen Texten vollgeschmiert und die Dame hat natürlich keine Ahnung, wie sie dort gelandet ist. Dreimal dürft ihr raten, wo ihr den Schlüssel für die Tür findet. Mit dem Verlassen des Badezimmers fangen die Probleme aber erst an, denn vor euch liegt ein schier endloser Korridor mit zahllosen Türen und keine davon scheint wirklich in die Freiheit zu führen. Und dann schleicht da auch noch eine blutrünstige Lady um die Ecken, der ihr tunlichst aus dem Weg gehen solltet.
Zu Beginn des Spiels hatte ich schon ein wenig das Gefühl, ChaosCore hätten einfach mal in der Grabbelkiste des Horror-Genres gewühlt und aus den Fundstücken einen typischen Ego-Grusler gebastelt, wie es sie auf Steam mittlerweile zuhauf gibt. Doch ich blieb dran und entdeckte hinter den Klischees tatsächlich ein interessantes Horror-Spiel mit guten Ideen und viel Potential. Mir gefällt vor allem der vergleichsweise stark ausgeprägte Adventure-Aspekt. Man muss die Umgebung wirklich aufmerksam nach Hinweisen und Gegenständen absuchen und wenn man die gefunden hat, muss man sogar ein wenig nachdenken, wo und wie man die benutzen sollte. So sucht ihr beispielsweise in Unterlagen nach Passwörtern, die ihr euch selbst merken müsst oder entfacht ein Feuer, um ein elektronisches Schloss zu überbrücken. Es ist ja leider längst keine Selbstverständlichkeit mehr, den Spieler auch mitdenken zu lassen und ich hoffe, das bleibt auch in den folgenden Kapiteln eine Kernmechanik. Toll wäre natürlich, wenn es hier und da auch mal mehr als nur eine Lösung geben würde, aber für kleine Indies ohne nennenswertes Budget dürfte das wohl zu viel Aufwand sein.
Nachholbedarf gibt es hingegen bei der Stealth-Mechanik und dem Verhalten der Killerin, die im Moment noch ein wenig roboterhaft anmutet. Wie in Alien: Isolation oder Amnesia müsst ihr Ohren und Augen offen halten und euch gelegentlich in Schränken usw. verstecken. Das wirkt noch etwas aufgesetzt und den einen oder anderen Aussetzer in der KI gibt es im Early Access natürlich auch. Mit etwas Glück nutzen die Entwickler jedoch die Zeit und spendieren ihr zusätzliche Animationen sowie mehr Verhaltensweisen, damit sie am Ende wirklich wie etwas wirkt, das auf der Jagd ist.
Grafisch ist The Last Look für einen Indie zwar schon ganz passabel und auch die Performance ist bereits recht stabil, aber das Leveldesign ist noch nicht ganz rund. An einer Stelle gibt es zum Beispiel eine Glastür, hinter der einfach nur eine Wand ist und kein Raum oder dergleichen. Das Design von Alice ist mir persönlich ein wenig zu 90er, aber darüber kann man wohl streiten. Zur Story lässt sich unterdessen noch nicht viel sagen, da muss man einfach abwarten, wie die späteren Kapitel (zwei sollen noch folgen) all die Fragezeichen auflösen wollen. Eine denkwürdige Geschichte auf dem Niveau eines Silent Hill oder SOMA wird es aber vermutlich eher nicht mehr werden.
Wie zu erwarten war, hat The Last Look in der jetzigen Form (Version 0.3.0) noch so seine Probleme, aber dafür ist der Early Access ja da. Wer sich in Horror-Spielen nicht nur gruseln, sondern auch rätseln möchte, der sollte auf jeden Fall mal die Demo anspielen und dann entscheiden, ob er das Berliner Studio schon jetzt unterstützen möchte oder doch lieber auf das fertige Spiel wartet. Ich bin schon gespannt, wie sich das Projekt noch entwickelt.
Entwickler/Publisher: ChaosCore Studio | Twitter | Plattform: PC
Genre: Horror / Adventure / Stealth / First-Person | Release: Oktober 2016 (EA)
Preis: 11,99 € auf Steam
5 Antworten auf „Horror aus Berlin: The Last Look (Early Access) angespielt“
Alleine das sie eine Demo anbieten finde ich sehr löblich! Die schaue ich mir auf jeden Fall mal an.
Demos scheint es ja in letzter Zeit wieder etwas öfter zu geben. Wobei ich finde, dass die Steam Refunds ja im Grunde die Demo schon ganz gut ersetzen.
Demos sind halt weniger Aufwand als eine Erstattung zu beantragen. Ist mir lieber.
Konnte die Demo übrigens leider nicht spielen, weil sie selbst in niedrigen Details unspielbar war auf meinem Notebook. 🙁
Erst dachte ich beim Lesen, wie du schon selbst geschrieben hast – man ist das Klischee. Aber Rätsel bei denen man mitdenken muss, hört sich vielversprechend an. Ich glaube ich warte noch bis die nächsten zwei Kapitel rausgekommen sind – kann ja so schlecht Sachen unabgeschlossen lassen. 😉
Im Zweifelsfall einfach mal die Demo ausprobieren und nen ersten Eindruck verschaffen 🙂