Destiny 2 ist jetzt schon wieder ein halbes Jahr alt und um den ersten Teil herrschte sogar ein noch größerer Hype. Warum also jetzt noch einen Text zu Destiny schreiben? Nun, ich habe immerhin den ganzen Januar mit dem Spiel verbracht und war lange nicht mehr bei einem Spiel so hin und hergerissen. Wirklich neue Ansichten kann ich vermutlich nicht zur Diskussion beitragen, aber ein paar Gedanken will ich trotzdem noch loswerden.
Als ich damals auf dem großen schwarzen Klotz namens Xbox das erste Mal Halo spielte, da ahnte ich noch nicht, dass dies der Beginn eines der einflussreichsten (und vor allem erfolgreichsten) Franchises aller Zeiten sein würde. Eines wusste ich aber schon nach wenigen Minuten: Bungie hatte die goldene Formel für Konsolen-Shooter gefunden. Nach Halo 3: ODST habe ich das Franchise zwar ein wenig aus den Augen verloren, weil PC-Gaming und die Indie-Szene in meinen Fokus rückten, aber Bungie hat sich definitiv einen Platz in meinem Gamer-Herzen gesichert.
Dementsprechend war natürlich auch ich gespannt, ob sie nach der Trennung vom Master Chief tatsächlich eine weitere Legende erschaffen können. Leider brachte man Destiny dann aber nie auf den PC und da ich Destiny nun mal in all seiner Pracht erleben wollte, verzichtete ich damals darauf, es auf der Xbox 360 zu spielen. Wie das Schicksal so will, bin ich aber Dank meiner übertrieben großzügigen Freundin inzwischen stolzer Besitzer einer Xbox One S und so bot sich nun doch endlich die Chance, Bungies Rückkehr selbst zu erleben.
Im Kern wusste ich zwar schon, was mich so erwarten würde (ich hatte ja damals sogar die Beta angespielt), aber die ersten Minuten waren dann trotzdem berauschender als ich erwartet hatte. Das Handling, das sie beim Master Chief über Generationen hinweg perfektioniert hatten, haben sie nämlich einfach ohne größere Änderungen übernommen und so fühlte ich mich trotz meiner langen Abstinenz von der Halo-Reihe sofort heimisch. Klar, offiziell ist Destiny ein MMORPG Schrägstrich Shooter und ganz anders als Bungies frühere Werke, aber in Wahrheit besitzt es weitaus mehr Halo-DNA als für ein neues Projekt gut sein kann. Auf der einen Seite ist das gut, weil die Formel eben einfach unverwüstlich ist, aber auf der anderen Seite wirken dadurch all die „neuen“ Elemente, die Destiny eben zu DEM neuen Franchise machen sollten, irgendwie unwichtig und in manchen Momenten sogar störend. Was beim Master Chief noch so perfekt funktioniert hat, wird hier von zwei Dingen entscheidend beeinträchtigt: 1. Durch das Borderlands-Syndrom bekommt ihr ständig neue Waffen. Die sind in eine handvoll Typen unterteilt und bringen immer wieder leicht veränderte Schadenswerte, Schussraten und dergleichen mit sich. 2. Wie in RPGs üblich, wird die Stärke der Gegner zuallererst durch deren Level bestimmt.
Die Einführung dieser neuen Spielelemente hat zur Folge, dass all die kleinen Zahnräder (Handling, Waffen, Leveldesign, KI, Schadenswerte etc.), die zuvor wie ein Uhrwerk genauestens aufeinander abgestimmt waren, nun nicht mehr so ganz passen. Plötzlich spielt es keine so große Rolle mehr, wie eure Umgebung aussieht, welche Waffe ihr dabei habt und mit welchen Gegnern ihr es zu tun habt, denn in Destiny muss jeder Spieler in jedem Level mit jeder Ausrüstung Spaß haben können. Und ich gebe gern zu, dass dieses Ziel gerade in der ersten Spielhälfte durchaus erreicht wird. Anfangs war ich geradezu euphorisch, aber je länger ich es spielte, desto mehr vermisste ich eben jene Perfektion, die Halos Schlachten so unendlich motivierend machten. Ganz zu schweigen von Dingen wie etwa den gigantischen Kriegsmaschinen, den abwechslungsreichen Vehikeln oder dem viel besseren Storytelling.
Letzteres ist vielleicht sogar die größte Schwäche des Spiels. Nun mag auch Halo mit seiner Story nicht immer ins Schwarze getroffen haben und ich bin sicher kein Experte für das Halo-Lore, aber interessiert und vor allem motiviert hat mich die Handlung immer. Bei Destiny waren mir die unzähligen Parteien und Nebencharaktere hingegen sehr bald sehr egal. Die Bewohner der letzten Stadt auf Erden sind leider kaum mehr als hübsche Menüpunkte, die euch auf Knopfdruck den nächsten Zielmarker geben und bei eurer Rückkehr Items ausspucken. Und die vielen Fraktionen, die offenbar alle irgendwie gegen die Menschen aber auch gegeneinander kämpfen, sind allesamt nur bessere Zielscheiben, die es auf dem Weg zum nächsten Loot möglichst effizient zu zerlegen gilt.
Vielleicht wäre dieser Eindruck ein anderer, wenn Bungie nicht 90 Prozent der Hintergrundinfos in Grimoire-Karten (kleine Textfetzen, die ihr beim Spielen für Kills, Missionen etc. erhaltet) versteckt hätte, welche man unsinniger Weise nur auf einer (inzwischen abgeschalteten) externen Website abrufen darf. So verschwendete ich irgendwann keinen Gedanken mehr daran, wer da gerade in meinem Fadenkreuz war und was hier vielleicht gerade für das Destiny-Universum auf dem Spiel stand. Selbst die teils hart erkämpften Siege über die bösen Führungseliten, die ich über mehrere Missionen hinweg verfolgt hatte, waren eigentlich nur noch wegen der Erfahrungspunkte und dem Loot von Bedeutung.
Nun mag das für manch anderen Spieler (vor allem MMO-Fans) vielleicht auch völlig normal und vor allem genug Motivation sein, mir aber war das leider irgendwann zu wenig. Auf dem Weg zum großen Finale (in meinem Fall der Kampf gegen den König der Besessenen) war die treibende Kraft dann auch immer öfter der Wunsch, das Spiel nicht unbeendet zu lassen und weniger der Spaß am Spiel. Ich kann allerdings nicht leugnen, dass es sicher ein wenig anders ausgesehen hätte, wäre ich mich mit Freunden und nicht immer nur solo (das meiste lässt sich sogar ohne Gold-Abo spielen) unterwegs gewesen. Insbesondere die Raids, welche ich ja solo gar nicht spielen durfte, sollen ja sehr gelungen sein und ich hoffe, dass ich die irgendwann noch nachholen kann. Ich bin mir jedoch sicher, dass auch der Koop-Aspekt die Schwächen nur etwas kaschieren und nicht aufwiegen kann.
Und das so zu schreiben, fällt mir gar nicht so leicht, denn ich hatte zu Beginn wirklich eine tolle Zeit mit Destiny und einige Aspekte des Spiels sind schlichtweg grandios. Gerade die Grafik-Designer von Bungie waren vielleicht nie besser als jetzt. Die Ankunft auf dem monströsen Grabschiff oder die verfallene Schönheit des Kosmodroms sind atemberaubend. Letztlich sind sie aber doch nur leblose Kulissen für einen Krieg, dessen Ausgang mich nicht mehr interessierte und eine Spielmechanik, die in Halo einfach besser funktionierte.