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Angespielt Indie Preview

Ein S.T.A.L.K.E.R. im Geiste? – Survariums neue Koop-Mission und PvP-Frust

Gegründet von ehemaligen Mitarbeitern des S.T.A.L.K.E.R.-Entwicklers gelten 4A Games, die für die Metro-Serie verantwortlich sind, bei vielen Spielern mittlerweile als legitime Erben von GSC Game World. Den meisten ist allerdings auch gar nicht bewusst, dass es mit Vostok Games noch ein zweites Studio gibt, welches die S.T.A.L.K.E.R.-DNA in sich trägt. Bereits seit 2012 arbeitet man dort an Survarium, einem Free to Play-Shooter, der viele Elemente der Kultserie aufgreift und (leider) doch ganz anders ist.

Ohne Publisher im Rücken und mit einem relativ kleinen Team setzte man sich bei Vostok zunächst kleine Ziele. Eines schönen Tages soll Survarium zwar tatsächlich mal eine Art spiritueller Nachfolger zu S.T.A.L.K.E.R. werden, aber der Weg dorthin ist lang und darum hat man die Entwicklung in drei Etappen aufgeteilt. Die Basis bildet ein klassischer PvP-Shooter mit bewährten Spielarten auf geschlossenen Karten. Wenn das gut läuft und damit die weitere Finanzierung gesichert ist, entwickelt man erste Koop-Missionen mit weitläufigeren Arealen und KI-Gegnern. Und in der finalen Stufe erhält Survarium schließlich einen vollwertigen Free Play-Modus mit offener Spielwelt und echten RPG-Elementen.

So zumindest der Plan, aber als ich Survarium Anfang 2016 das letzte Mal spielte war man noch immer dabei, dem PvP-Modus den Feinschliff zu verpassen und sich eine Community aufzubauen. Vor wenigen Wochen kam dann tatsächlich endlich das langersehnte Update mit der ersten Koop-Mission und das war für mich Grund genug, es erneut zu installieren und mit einem Freund zu schauen, was sich seit meinem letzten Ausflug in die Zone getan hat. Jetzt, gut ein paar Wochen und rund 20 Spielstunden später, sitze ich hier und habe keine Ahnung, was ich von dem Spiel halten soll.

Fangen wir am besten mit dem an, was mich überhaupt erst wieder ins Spiel gelockt hat. Die erste Koop-Mission ist optisch durchaus gelungen und versprüht stellenweise den morbiden Charme der legendären Vorlage, aber leider hat der Spielmodus eine Vielzahl von Problemen. Und wie befürchtet, sind viele davon dem Free to Play-Modell geschuldet. Wer die Mission spielen will, der kann nicht einfach ein Spiel starten, sondern er braucht ein Ticket und zwei Mitspieler dafür. Die Tickets kann man kaufen oder sich durch Siege im PvP-Modus erarbeiten und die Mitspieler sollte man am besten gleich selbst mitbringen. Ansonsten muss man sie sich nämlich mühsam via Ingame-Chat suchen, denn ein Koop-Matchmaking gibt es bislang nicht. Wer nur mit einem einzigen Freund oder gar solo spielen will, der muss mit Gold, einer Ingame-Währung, die sich (fast) nur mit echtem Geld beschaffen lässt, die Erlaubnis dazu kaufen. Eine Lösung, die zwar für F2P-Veteranen wenig überraschend sein dürfte, bei mir und meinem Mitspieler aber bereits vor Beginn der Mission einen sehr bitteren Beigeschmack hinterließ.

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Dennoch wollte ich mir von diesen Startschwierigkeiten nicht die Freude verderben lassen und so investierte ich kurzerhand einfach etwas Gold (ca. 0,50 €), das ich ohnehin noch in meinem Account hatte, um endlich zu zweit die Mission starten zu können. Nachdem wir also viel Zeit mit Rätselraten im Menü vertrödelt hatten, fanden wir uns nun endlich im Startbereich der brandneuen Koop-Mission wieder. Eine richtige Geschichte zu der Mission gibt es nicht, aber aus dem Off hört man zumindest eine Audioaufzeichnung eines anderen Stalkers, der von den Anomalien erzählt und darauf hinweist, dass man diese Gefahren am besten durch das Werfen von Metallstücken sichtbar macht. Wir schnappen uns also den unendlichen Beutel mit Muttern und werfen um uns. Wenige Meter weiter stoßen wir dann auch schon auf das erste Camp mit Feinden, die wir aus dem Hinterhalt unter Feuer nehmen. Und schon da zeigen sich weitere Probleme der PvE-Mission.

Obwohl wir nur auf normal spielten, steckten die Widersacher derart viele Kugeln ein, dass man glaubte, nur mit Platzpatronen zu schießen. Das mag aber vielleicht auch daran gelegen haben, dass wir beide nur mit Einsteiger-Ausrüstung unterwegs waren und die PvE-Missionen bewusst schwerer gemacht wurden, damit man nicht zu leicht an die Belohnungen in Form von besserer Ausrüstung kommt. So oder so sind Standard-Gegner, die ohne Ende einstecken können, aber nicht unbedingt Spielspaß fördernd, insbesondere dann, wenn man irgendwann ohne Munition dasteht. Während sich das aber womöglich mit besserer Ausrüstung bzw. einem niedrigeren Schwierigkeitsgrad lösen ließe, offenbaren sich an anderer Stelle noch wesentlich größere Probleme.

Wer Shadow of Chernobyl oder einen der anderen Teile gespielt hat, der wird sich sicher noch an die überaus ambitionierte, aber letztlich auch ziemlich durchwachsene KI erinnern. Nun hat Survariums erste Koop-Mission zwar weder verschiedene KI-Fraktionen noch herumstreunende Mutantenhorden zu bieten, aber das Verhalten der vorhandenen Widersacher steht den teils haarsträubenden Aktionen aus dem Original in nichts nach. Zehn Jahre später und die KI ist offenbar kein bisschen weiser. Noch immer laufen sie gerne wie aufgeschreckte Hühner hin und her, verpassen euch aus unmöglichen Positionen Treffer und haben von Taktik keine Ahnung. Doch während man damals bei S.T.A.L.K.E.R. großzügig über solche Schwächen hinwegsehen konnte, ist es in Survarium einfach nur nervig. Rückzug ist hier keine Option, Rucksäcke voll mit Heilitems gibt es auch nicht und obendrein habt ihr nur wenige Versuche pro Tag, wenn überhaupt. Also ist jede unfaire Aktion der Gegner doppelt frustrierend, mal ganz davon abgesehen, dass es auch dann keinen Spaß macht, wenn die Gegner wiederum zu dumm sind, um einem wirklich gefährlich zu werden.

Das Gegnerverhalten ist aber nur eines von vielen Problemen. Man merkt eigentlich an allen Ecken und Enden, dass die Entwickler hier nur einen ersten Versuch wagen und der PvE-Modus noch weit davon entfernt ist, ein vollwertiger Teil des Spiels zu sein. Lootcrates sind zwar gerade der heiße Scheiß, aber zumindest mir reichen ein paar zufällig verteilte Kisten im Level und die Aussicht auf ein tolles Item nicht als alleiniger Anreiz aus. Abgesehen von ein paar Audiologs gibt es keine Geschichte, die Gefechte sind aus oben genannten Gründen auch nicht so richtig spaßig und von der besonderen Atmosphäre, die man vom Setting eigentlich erwartet, ist auch nicht viel zu spüren. Letzteres ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass die Karte kaum Möglichkeiten zum Erforschen bietet und euch stattdessen auf ziemlich engen Pfaden von einer Gegnergruppe zur nächsten führt.

Trotz dieser Enttäuschung habe ich mich dann aber doch dazu entschieden, auch gleich noch einen Blick in den PvP-Modus zu werfen, in der Hoffnung, dass sich hier inzwischen richtig was getan hat. Und zu meiner großen Überraschung war ich nach ein paar Deathmatches tatsächlich ein wenig angefixt. Von früher hatte ich noch eine halbwegs brauchbare Schrotflinte im Inventar und mit der dominierte ich so manches Match. Was letztlich aber wohl vor allem daran gelegen haben dürfte, dass in vielen Partien die Hälfte der Gegner nur Bots waren. Wobei die sich gar nicht so schlecht anstellten, da der PvP-Modus ohnehin nicht besonders viel Intelligenz erfordert. Zwar bringt die Wahl der Ausrüstung durchaus ein wenig Strategie ins Spiel, aber am Ende ist es halt doch immer nur ein simples Deathmatch auf ganz hübschen aber eben auch recht einfach aufgebauten Karten, bei dem es vor allem um Reflexe und weniger um clevere Taktiken geht. Was an sich auch okay wäre, wenn da nicht noch diese Free 2 Play-Elemente wären, die einen immer ein wenig daran Zweifeln lassen, ob der andere jetzt wirklich nur durch sein Können das Duell gewonnen hat.

Vielleicht sind in den hohen Rängen (das Matchmaking basiert zumindest zum Teil auf eurer Ausrüstung) mehr Spieler unterwegs, aber ich traf in den Lobbies meist nur auf eine handvoll russische Spieler und der Rest wurde mit den Bots aufgefüllt. Irgendwann erreichte ich dann auch höhere Ränge und es waren spürbar weniger Bots in den Partien, aber dafür sah ich auch plötzlich gar kein Land mehr. Aus irgendeinem Grund kam es nach rund 15 Stunden Spielzeit zu einem Bruch und meine Dominanz verkehrte sich in Chancenlosigkeit. Vielleicht lag es nur an meiner Unfähigkeit oder vielleicht waren die anderen mit deutlich besserer (gekaufter?) Ausrüstung unterwegs, aber in jedem Fall war es ziemlich frustrierend und darum flog Survarium auch einige Stunden später wieder von der Festplatte. Komplett abgeschrieben habe ich es aber trotzdem noch nicht, denn als S.T.A.L.K.E.R.-Fan bleiben nun mal wenig Alternativen und daher werde ich die Entwicklung weiter im Auge behalten.

2 Antworten auf „Ein S.T.A.L.K.E.R. im Geiste? – Survariums neue Koop-Mission und PvP-Frust“

Stalker fand ich damals auch klasse, habe bisher aber nur Call Of Pripyat gespielt. Jetzt mit dem neuen PC könnte ich aber auch mal in die beiden anderen reinschnuppern, da dürften die deutlich besser laufen.

Es überrascht mich beinahe, dass Du dem Spiel trotz des offensichtlichen Zwecks, Geld für jeden Mist zu scheffeln, noch eine Chance geben willst. Für mich klingt das, was Du hier beschreibst, völlig unbrauchbar, zumal es scheinbar kein echtes Alleinstellungsmerkmal mehr gibt. Schlauchlevels in einem Stalker-Setting gehen einfach nicht. Und für jedes Coop-Match zahlen oder vorher mühsam genug Startgeld im Deathmatch „grinden“? Danke nein! Es ist zwar schade, aber ich denke nicht dass es aus dem Ding hier noch etwas Gutes wird.

Die Entwickler mussten für die Koop-Mission/Mechaniken schon viel Kritik einstecken und manchmal lernen sie ja tatsächlich daraus. Es gibt halt leider nur sehr wenige Alternativen, wenn man genau dieses Setting will und letztlich kostet mich ein erneuter Blick ins Spiel ja nichts außer ein paar Stunden Zeit. Kann aber gut verstehen, wenn man aufgrund des aktuellen Stands komplett einen Bogen um das Spiel macht. Wenn Metro Exodus erscheint, kräht womöglich sowieso kein Hahn mehr nach Stalker 2.

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