Obwohl schon damals die Zahl der veröffentlichten Spiele für PC & Konsolen rasant in die Höhe schnellte, hat wohl um 2000 herum noch keiner geahnt, welche Dimensionen der Spielemarkt zwei Jahrzehnte später annehmen würde. Die Spiele-Entwicklung ist zugänglicher als jemals zuvor und spätestens seit Steam seine Schleusen geöffnet hat, ist insbesondere der PC-Markt zu einem schier endlosen Ozean aus großen und kleinen Spielen angeschwollen. Auf den Konsolen ist das Angebot zwar derzeit noch nicht ganz so überwältigend, aber vor allem durch die digitale Distribution kann man auch hier kaum noch den Überblick behalten. Selbst der Spiele-Journalismus, der noch immer vornehmlich von der Berichterstattung über aktuelle und kommende Spiele lebt, nimmt den Großteil der kleineren Projekte gar nicht mehr wahr.
Vor gut zwei Jahrzehnten waren aber vor allem die Konsolen noch ein exklusiver Club, zu dem nicht jeder Entwickler einfach so Zugang erhielt. Universelle Tools und Engines waren Mangelware und auch die finanziellen Hürden waren bedeutend höher. Da konnten sich Spiele-Magazine wirklich noch auf die Fahne schreiben, dass jedes Spiel getestet wird. Das spiegelte sich damals auch in einer Reihe von Sonderausgaben und Jahrbüchern wider, die von verschiedenen Magazinen & Verlagen veröffentlicht wurden. Qualität, Umfang und natürlich auch der Preis variierten dabei recht stark. Ob teure Sonderausgabe oder kleine Beilage, auf mich übten sie alle eine besondere Faszination aus. In meiner Jugend habe ich diese Hefte so oft durchgeblättert, dass ich irgendwann zu jedem Spielnamen auch gleich einen Steckbrief im Kopf hatte. Das deutschsprachige Games-Internet war Anfang der 2000er noch nicht so umfangreich und mit dem heimischen 56k-Modem war es sowohl quälend langsam als auch teuer. Die Game Guides gaben mir hingegen das Gefühl, die ganze Bandbreite meines geliebten Hobbys griffbereit zu haben. Heute sieht das jedoch ein bisschen anders aus, obwohl ich das Konzept dahinter nach wie vor sehr mag. Wenn ich jetzt so durch die alten Hefte blättere, fällt mir leider schnell auf, dass sie meistens nur ein Nebenprodukt waren, in das man weder viel Geld noch Zeit investieren konnte oder wollte, aber seht selbst.
Der unabhängige PlayStation Games Guide 1/99
Der PlayStation Games Guide erschien jährlich von 1998 bis 2001 und wurde vom X-Plain Verlag herausgegeben, der auch für die Total! und next Level verantwortlich war. Ich besitze leider nur die Ausgabe 1/99, aber soweit ich das recherchieren konnte, unterscheiden sich die Ausgaben vom Stil her nicht besonders. Als eigenständige Sonderausgabe im A4-Format mit Farbdruck und einem stolzen Preis von 14,80 DM zählt der Guide zu den hochwertigsten und interessantesten Heften dieser Art, denke ich. Es gibt eine News-Sektion, in der mit kleinem Screenshot und wenigen Sätzen kommende Projekte besprochen werden. Außerdem widmet man in der Hall of Fame dem jeweiligen Highlight eines Genres sogar eine komplette Seite mit großen Screenshots und auch Zubehör sowie die PS-Hardware werden kurz beschrieben. Sogar Interviews mit Entwicklern bei Namco (über Tekken 3), Polyphony Digital (über Gran Turismo 2) und Psygnosis sind enthalten. Den Kern des Guides bilden natürlich trotzdem die insgesamt 473 Spiele. Drei Stück teilen sich eine Seite und werden jeweils mit einer Beschreibung, einem kurzen Fazit, einem Screenshot sowie ein paar Eckdaten und einer Wertung (5 Sterne) präsentiert.
Leider sind die Screenshots häufig völlig ungeeignet, um die Optik des Spiels wiederzugeben. Einige sind von absolut minderwertiger Qualität und andere zeigen nur Renderszenen, die bekanntlich nur selten etwas mit dem tatsächlichen Look des Spiels zu tun hatten. Die Texte sind ganz in Ordnung, können aufgrund der begrenzten Zeichen aber wirklich nur einen groben ersten Eindruck vom Spiel geben. Wenig überraschend, merkt man vielen auch deutlich an, dass sie aus einer anderen Zeit stammen.
Play Games PS2 Jahrbuch 2004
Mit der Play Games bringt Ende 2003 auch der BriStein Verlag ein PlayStation-Magazin auf den Markt. Vom gleichen Verlag kam in den Jahren davor, neben der big.N, auch das sogenannte PS2 Jahrbuch. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann gab es eine abgespeckte Fortsetzung dieses Jahrbuchs auch als Beilage zur Play Games. Abgespeckt bedeutet in dem Fall, dass es nun kleiner, in schwarz-weiß und auf sehr billigem Papier daherkommt. In dem schlichten Taschenbuch (18 x 11cm) finden sich auch wirklich nur kurze Besprechungen der PS2-Games aus 2004 und ein Test-Index. Pro Seite werden zwei Titel behandelt und dazu gibt es den typischen Wertungskasten mit Fazit sowie einen Screenshot. Die Auswahl der Bilder ist zwar oft besser als im PlayStation Games Guide, aber in schwarz-weiß und mit der Druckqualität einer billigen Tageszeitung kann man leider meist trotzdem nicht viel erkennen. Mit gerade mal rund 150 Worten kann man natürlich nicht viel machen, aber auch sonst ist die Qualität der Texte bestenfalls mittelmäßig. Ein paar Besprechungen sind sogar komplett nutzlos. So lässt man sich beispielsweise beim GTA Double Pack einfach nur über die Gewalt-Zensur aus und verliert nur eine handvoll Wörter über die Spielmechanik. Wenn man es für zwei oder drei Euro auf dem Flohmarkt mitnehmen kann, dann geht das schon in Ordnung, aber mehr Geld und Mühe ist diese eher lieblos gemachte Beilage leider nicht wert.
MAN!AC Games Guide
Auch die altbekannte MAN!AC (heute M! Games) hat damals ihre zahllosen Tests von Spielen für Gamecube, PS2 und Xbox in kleinen Bonusheften zusammengefasst. Im sehr kleinen A6-Format bleibt allerdings nicht viel Platz, um hunderte Spiele verschiedener Plattformen zu besprechen und so hat man sich auf ein paar kurze Stichpunkte, die Wertung und einen Screenshot beschränkt. Im Gegensatz zu den anderen beiden Heften sind die Screenshots hier meistens sogar hilfreich, obwohl sie kaum halb so groß sind. Die Spiele sind hier nach Genre (in der ersten Ausgabe auch nach Plattform) sortiert und das farbenfrohe Layout ist recht gelungen. Auf erwähnenswerte Details wie die Spielerzahl oder den Entwickler wurde aus Platzgründen leider verzichtet. Neben den kurzen Steckbriefen gibt es aber immerhin noch zweiseitige Besprechungen der drei Konsolen. Als kleine Bonushefte können die Game Guides natürlich nicht mit einer großen Sonderausgabe wie X-Plains PlayStation Games Guide konkurrieren, aber besser als das Play Games PS2 Jahrbuch 2004 sind sie allemal.
Print ist tot vergessen
Die Recherchen zu diesem Thema sind leider viel schwieriger als man denken könnte. Es gibt zwar mit Kultboy (eine Magazin-Datenbank), Kultmags (genehmigtes Download-Archiv) und Magaziniac (ein Blog) drei umfangreiche Webseiten, die sich den deutschsprachigen Games-Magazinen vergangener Tage verschrieben haben, aber das sind zugleich auch mehr oder weniger die einzigen Informationsquellen im ganzen Internet. Irgendwie ironisch und zugleich traurig, dass es heute über einen großen Teil der Magazine von damals kaum noch Informationen gibt, waren sie doch zu ihrer Zeit die einzige Informationsquelle für uns Spieler. Es gibt auf jeden Fall noch eine ganze Menge anderer Hefte dieser Art, aber aufgrund der geringen Auflage und der Tatsache, dass viele davon nur Beilagen waren, sind sie zum Teil schwer zu finden. Dass man unter dem Stichwort Guide natürlich auch die unzähligen Lösungsbücher findet, macht die Sache nicht leichter. Aktuell befindet sich gerade noch ein Guide aus England auf dem Weg zu mir und ich beobachte noch ein paar Auktionen. Wenn sich die Gelegenheit bietet, werde ich meine kleine Sammlung also sicher noch erweitern, aber nicht um jeden Preis. Manche Exemplare gibt es leider nur noch bei kommerziellen ebay-Anbietern, die geradezu lächerliche Preise aufrufen.
In den letzten Jahren erschienen u.a. auch noch hochwertigere Sonderausgaben vom englischen Future Verlag, die sich beispielsweise mit den „besten“ Retro-Titeln beschäftigten und auch von der PC-Gamer gab es ähnliche Sammelwerke. Ebenso erschienen diverse Sammler-Guides von Fans, die sich immer einer bestimmten Plattform wie etwa dem Game Boy, dem SNES oder auch dem Dreamcast widmeten. Mein Eindruck ist jedoch, dass es bei diesen Fan-Projekten leider vornehmlich um Quantität und weniger um Qualität ging, aber darüber sprechen wir mal in einem anderen Beitrag. Bis dahin könnt ihr gerne eure Erinnerungen und Tipps zu diesen alten Game Guides in den Kommentaren oder bei Twitter & Facebook mit mir teilen.
3 Antworten auf „Spiele ohne Ende: Game Guides, Jahrbücher & Sonderbeilagen um 2000“
Schöner Artikel, ich lese ja echt gerne über alte Printpublikationen.
Vom PlayStation Games Guide habe ich die erste Ausgabe und hab da immer gerne reingeschaut. Hatte den damals billig gebraucht irgendwo in nem Laden gekauft. Hab bislang aber noch nicht versucht, auch an die anderen Ausgaben ranzukommen.
Die anderen Ausgaben sind auch nur noch schwer zu bekommen. Würde mir aber sowieso eher noch eine andere Publikation holen, wenn du gerade Lust auf solche Guides hast.
Liest du denn die alte Hefte auch noch oder nur noch Texte ÜBER die alten Hefte?
Ich lese sowohl die alten Hefte, als auch Texte über die alten Hefte 😀