Bei Konami dürfte man sich momentan über so manche Entscheidung der letzten Jahre ärgern. Entwickler-Legende Hideo Kojima ist bei Sony offenbar recht glücklich und Death Stranding steht auf den Most Wanted-Listen ganz oben. Sein alter Weggefährte Koji Igarashi zeigt unterdessen, dass er Konami nicht braucht, um die Castlevania-Fans glücklich zu machen. Und als würde das nicht reichen, erschien mit Blazing Chrome gerade ein Retro-Feuerwerk, das die Messlatte für ein neues Contra noch höher legt.
Ich kann mich bis heute gut daran erinnern, wie ich mir als Kind mit meinem Bruder an Probotector – außerhalb Europas auch als Contra: Hard Corps bekannt – auf dem Mega Drive immer wieder die Zähne ausgebissen habe. Ich war weder wirklich gut in diesen Run & Gun-Spielen noch war es mein bevorzugtes Genre, aber im Koop waren sie trotz des oft fiesen Schwierigkeitsgrades immer ein großer Spaß für uns. Blazing Chrome fängt das Spielgefühl jener Zeit perfekt ein und wenn mir jemand gesagt hätte, dass dies irgendein unveröffentlichtes Contra aus den Neunzigern ist, dann hätte ich ihm das sofort geglaubt.
Es versteht sich also von selbst, dass ich mir für dieses Spiel meinen Bruder eingeladen habe und wir uns zu zweit durch die Stages gekämpft haben. Davon gibt es insgesamt sechs Stück und die ersten vier davon dürft ihr sogar in beliebiger Reihenfolge angehen. Genau wie damals hat jede Stage ein eigenes Thema und bestimmte Eigenarten, die auch spielerische Abwechslung reinbringen. So rennt und springt ihr nicht immer nur zu Fuß durch die Level, sondern nehmt auch allerlei futuristische Gerätschaften wie Hover-Bikes oder monströse Kampfanzüge zur Hilfe. Gegen Ende kommen sogar Jetpacks zum Einsatz und das Spiel verwandelt sich kurz in einen Rail-Shooter mit Pseudo-3D im Stil von Space Harrier oder StarFox.
Neben diesen meist einmaligen Gimmicks dürfen aber natürlich auch die einfachen Bonus-Waffen nicht fehlen, die ihr zusätzlich zum einfachen Maschinengewehr aufsammeln könnt. Zum einen gibt es einen klassischen Granatwerfer, dessen Projektile wahlweise auf Knopfdruck oder beim Aufprall explodieren. Dann gibt es ein Energie-Gewehr, das sowohl einzelne Energiestöße abfeuern kann als auch einen langen Strahl, wenn man es lange genug auflädt. Außerdem gibt es noch eine Art Energiepeitsche, die zwar keine große Reichweite hat, aber dafür sogar Items aus sonst unerreichbaren Stellen heranziehen kann. Jede Spezialwaffe hat also ihre Vor- und Nachteile und je nach Situation empfiehlt es sich, immer wieder zu wechseln. Das ist auch deswegen sinnvoll, weil man beim Ableben immer die Waffe wieder verliert, die man gerade ausgerüstet hatte. Zu guter Letzt gibt es noch die Battlebots. Kleine Dronen, die euch entweder zusätzliche Feuerkraft, einen Schutzschild oder erhöhte Beweglichkeit verleihen. Und wem das alles noch nicht reicht, der darf sich nach dem Durchspielen u.a. an zwei neuen Charakteren sowie einem Mirror Mode versuchen.
Auch die Präsentation steht den großen Vorbildern in nichts nach. Mit Oniken und Odallus haben JoyMasher ja bereits bewiesen, dass sie einen absolut authentischen Retro-Look auf unsere HD-Displays zaubern können. Bei den beiden nahmen sie sich noch die 8-Bit-Generation zum Vorbild, aber mit Blazing Chrome orientieren sie sich nun an der 16-Bit-Grafik von SNES und Mega Drive. Die selbst auferlegten Limitierungen sind also etwas lockerer und JoyMasher brennt auch gleich ein richtiges Feuerwerk ab. Projektile und Explosionen ohne Ende, unzählige Gegner überall und detailreiche Bossgegner im Großformat. Gleichzeitig war man sehr darauf bedacht, dass alles eben doch so aussieht, als wäre es vor knapp drei Jahrzehnten bei einem der großen Entwickler in Japan gepixelt worden. Die fetzige Musik von Tiago Santos könnte ebenfalls direkt von einem alten Modul gerippt sein.
Blazing Chrome hat zwar alles, was man sich als Retro-Fan wünschen kann, aber so ganz ohne Fehler ist es dann doch nicht. So gibt es gerade im Koop zuweilen ein paar ärgerliche Momente, in denen man einfach bei den Projektilen nicht mehr gut durchsieht oder der Mitspieler nach seinem Tod an den ungünstigsten Stellen wieder ins Spiel geworfen wird. Das Ausweichen per Hechtrolle ging in manchem Contra auch irgendwie besser von der Hand. Ach, eine Art Hintergrund-Story gibt es übrigens auch, aber die passt auf einen Bierdeckel und ist im Grunde die apokalyptische Zukunft aus Terminator plus Monster.
Dank verschiedener Schwierigkeitsgrade ist Blazing Chrome zwar nicht ganz so unbarmherzig wie die Klassiker, aber wer damals schon kein Contra mochte, der wird auch von dieser Indie-Variante nicht mehr bekehrt. Alle anderen Retro-Fans kommen an diesem Spiel jedoch nicht vorbei. Selbst Konami hätte es kaum besser machen können und ein echtes Contra wird es wohl sobald nicht wieder geben.