Als Impact Winter vor fast fünf Jahren auf Kickstarter kläglich scheiterte, hatte ich schon befürchtet, dass dieses vielversprechende Survival-Game niemals erscheinen würde. Entsprechend groß war dann meine Freude, als es 2017 mit der Hilfe von Bandai Namco doch noch bei Steam auftauchte. Leider war jedoch schnell klar, dass das Spiel noch an einigen, teils verheerenden Bugs litt. Insbesondere die vielen Beschwerden in den Steam-Foren hielten mich immer wieder davon ab, es endlich zu kaufen. Wie sich nun herausgestellt hat, war das ein großer Fehler, denn obwohl nach wie vor noch ein paar Bugs drin sind, ist es ein richtig feines Survival-Spiel.
Eine alte und bis zur Turmspitze mit Schnee bedeckte Kirche dient euch als Basislager. Während die anderen hier die Stellung halten, erkundet ihr die Umgebung und sammelt neben Vorräten so ziemlich alles ein, was man irgendwie gebrauchen könnte. Ihr dürft dabei zwar theoretisch frei entscheiden, welchen Teil der Spielwelt ihr erkunden wollt, aber zwei Aspekte müsst ihr dabei stets im Hinterkopf behalten. Zum einen muss stets für genügend brennbares Material sowie Nahrung gesorgt werden und zum anderen fragen die Mitstreiter auch regelmäßig nach ganz bestimmten Gegenständen.
Plattform: PC, PS4, Xbox One
Release: 23. Mai 2017
Entwickler: Mojo Bones
Publisher: Bandai Namco
Genre: Survival, Exploration, Action-Adventure
Meine Spielzeit: ca. 26h
Preis: ca. 20 €
Website | Humble | Steam
Alle vier haben eine eigene Art Quest-Linie, die euch in andere Gegenden führt, um Ressourcen zu besorgen, die sie dann für euch in einem einfachen Crafting-System weiterverarbeiten können. Auf diese Weise lassen sich aber nicht nur diverse Gebrauchsgegenstände wie Pfeil & Bogen, Tierfallen und nahrhafteres Essen herstellen, sondern auch der Unterschlupf verbessern. Auf den Touren durch das Schneechaos begleitet euch außerdem ein kleiner Roboter, der ebenfalls verbessert werden kann und euch mit vielen Funktionen das Überleben erleichtert. Er verfügt u.a. über einen Radar, kann die Umgebung nach vergrabenen Objekten scannen und Objekte von einem provisorischen Außenlager zur Basis bringen. Man muss allerdings seinen Akkustand stets im Auge behalten, denn bei längeren Expeditionen findet man ohne seine Hilfe nur noch schwer den Weg zurück nach Hause.
Die Expeditionen sind der Kern und in gewisser Weise auch der Star des Spiels. Im Grunde läuft man ständig durch die Gegend und einen nicht unerheblichen Teil der Zeit sieht man dabei nicht viel mehr als Schnee. Schnee unter euren Füßen und Schnee um euch herum. Und doch fand ich die langen Märsche nie langweilig, denn die Spielwelt steckt voller großer und kleiner Orte, die mein Entdeckerherz erwärmen und den Sammeltrieb befeuern. Da gibt es kleine verlassene Einfamilienhäuser, die so tief im Schnee versunken sind, dass sie nur noch über das Dach zugänglich sind oder Fragmente von Brücken und Straßen, auf denen Autos vor sich hin rosten. Und dann gibt es richtig große Bauten wie etwa das örtliche Krankenhaus, das der Katastrophe und den vielen Hilfesuchenden nicht gewachsen war. Auch einen Verkehrsflughafen gibt es, aber den erkennt man von außen nur noch durch die vielen Flugzeugwracks drumherum. An einigen Stellen gibt es sogar kleine Durchbrüche, die einen Blick in die Welt unterhalb der dicken Eisschicht erlauben. Was einst offene Straßenzüge und belebte Plätze waren, sind nun unheimliche Höhlen, in denen die Zeit stillzustehen scheint.
Es gibt so viel zu entdecken, dass man mehrere Durchgänge braucht, um wirklich alles mal gesehen zu haben. Das liegt allerdings nicht allein an der Menge an interessanten Locations, sondern auch am grundsätzlichen Spieldesign. Wie bei anderen Survival-Spielen auch gibt es immer einen gewissen Zeitdruck, der hier gleich von mehreren Faktoren bestimmt wird. Zum einen müsst ihr natürlich eure eigenen Werte wie Hunger und Wärme im Auge behalten. Obendrein habt ihr aber auch noch die Verantwortung für eure Freunde im Lager, die euch zwar allerlei nützliche Objekte basteln und über ein simples Aufgabensystem auch selbst zusätzliche Ressourcen beschaffen können, im Wesentlichen aber von euch Abhängig sind. Ihr müsst also regelmäßig nach Hause zurückkehren, um für ihr Wohlergehen zu sorgen und ihnen neue Aufgaben zuzuweisen. Einen Teil dieses Managements kann man zwar theoretisch auch automatisieren oder von unterwegs vornehmen, das geht aber nur mit entsprechenden Hilfsmitteln wie einem Funkgerät oder entsprechenden Skills und so etwas hat man erst ziemlich spät im Spiel, wenn überhaupt. Wie üblich ist natürlich auch euer begrenztes Inventar ein limitierender Faktor, der euch immer wieder dazu zwingt, so manchen Weg mehrmals zu gehen.
Und selbst wenn ihr das Spiel dann richtig verstanden und all diese Faktoren im Griff habt, läuft euch doch irgendwie die Zeit davon. Die eingangs erwähnten 30 Tage bis zur Rettung werden nämlich, ob ihr wollt oder nicht, durch diverse Aktionen wie etwa die Aktivierung von Sendemasten und Kraftwerken oder Fortschritte bei der Story noch verkürzt. So rückt die Evakuierung unaufhörlich näher und euch bleibt kaum genug Zeit, um wenigstens einen der vier Storystränge abzuschließen, geschweige denn die ganze Spielwelt zu erforschen. Nun ist die dünne Story zwar nicht der Rede wert, aber schon allein um alles erkunden zu können, wäre ein Spielmodus ohne festes Ende einfach unverzichtbar gewesen.
Auf den Streifzügen durch diese neue Eiszeit findet man natürlich auch ein paar Schusswaffen und man läuft immer mal wieder wilden Tieren über den Weg, für die man eine willkommene Mahlzeit darstellt. Im Gegensatz zu vielen anderen Survival-Spielen legt Impact Winter aber keinen großen Wert auf Gewalt. Andere Überlebende trifft man nur äußerst selten und sie sind nicht die grausamen Monster, die man aus dem Handbuch für Endzeit-Szenarien kennt. Im schlimmsten Fall rauben sie in einem Zufallsereignis mal ein paar Vorräte aus eurem Lager, in der Regel wollen sie aber einfach nur einen kleinen Gefallen von euch oder Waren tauschen und dann ihrer Wege gehen. Selbst den Tieren kann man eigentlich immer auch aus dem Weg gehen. Mit den müffelnden Hinterlassenschaften und ein paar anderen Zutaten kann man sogar Duftstoffe herstellen, die Wölfe und Bären auf Abstand halten.
Wer trotzdem lieber zur Waffe greifen will, der wird das vermutlich schnell bereuen. Nicht unbedingt, weil Pazifisten mit einem ruhigen Gewissen ins Feldbett fallen können, sondern wegen der Bugs. Entschied ich mich in Notsituationen doch mal dafür, das Gewehr zu zücken, dann ist es mehr als einmal passiert, dass die Zielerfassung nicht richtig funktionierte oder das Nachladen nicht klappte und ich schließlich als Wolfsnack endete oder nur mit viel Mühe entkommen konnte. Das ist zwar sehr ärgerlich, in meiner gesamten Spielzeit waren das aber bei weitem die schlimmsten Bugs. Hier und da bleibt man mal kurz in der Spielwelt hängen und manchmal muss man erst zig mal die Taste drücken, um endlich das Gebäude zu betreten, aber das Spiel ist – zumindest mittlerweile – keineswegs kaputt oder gar unspielbar, wie manche Reviews und Forenbeiträge behaupten.
Man merkt Impact Winter an vielen Stellen an, dass die Entwickler weder genug Zeit noch genug Geld hatten, aber trotz all seiner kleineren Schwächen ist es ein ungewöhnliches und liebenswertes Survival-Spiel geworden, das sich gekonnt vom üblichen Genre-Schema absetzt. Der Grafikstil, die vielen kleinen Details in der Spielwelt und ein toller Electro-Soundtrack, der an den großen John Carpenter erinnert, schaffen eine ganz eigene Atmosphäre, die mich für jeden Bug und jede nicht zu Ende gedachte Mechanik entschädigt hat.