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Indie Review / Test

Detektivarbeit an Bord eines Zeppelins – Karaski: What Goes Up…

Der Jungfernflug der A.A. Karaski markiert für das glorreiche Commonwealth einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur alleinigen Führungsmacht auf der Welt. Zum ersten Mal macht sich die Menschheit auch den Himmel untertan und ihr gehört zum exklusiven Kreis derjenigen, die diesen historischen Moment hautnah an Bord dieser Wundermaschine erleben dürfen. Wirklich genießen könnt ihr das Privileg jedoch nicht, denn irgendjemand hat das Luftschiff sabotiert und es ist nun an euch, die Verschwörung aufzuklären und eine Katastrophe zu verhindern.

Für Unbound Creations, das im Kern eigentlich nur aus Jakub Kasztalski besteht, stehen von jeher interessante Geschichten und clevere, nicht-lineare Erzählstrukturen im Fokus. Schon mit Postmortem: One Must Die würfelten sie die bewährten Muster von Adventures und Visual Novels etwas durcheinander und Karaski geht diesen Weg konsequent weiter.

Als spielerische Basis dienen diesmal jedoch die sogenannten Immersive Sims, allen voran Thief und Deus Ex. Genau wie dort auch, erkundet ihr die insgesamt vier Decks aus der Ich-Perspektive und genießt dabei ein gewisses Maß an Freiheit. Es gibt zwar eine Reihe an klar formulierten Aufgaben, aber es liegt zumeist bei euch, in welcher Reihenfolge ihr sie angeht und auch das Wie ist nicht immer in Stein gemeißelt.

Um die Hintergründe der Sabotage zu ergründen und die Verantwortlichen dingfest machen zu können, braucht es natürlich Indizien, oder noch besser: Beweise. Auf der Suche nach verdächtigem Gepäck, Tagebüchern und geheimer Korrespondenz schnüffelt ihr also herum und verschafft euch Stück für Stück auch zu den Arealen Zutritt, die euch offiziell gar nichts angehen. Abhängig von euren Entscheidungen habt ihr im Laufe des Spiels bis zu fünf praktische Werkzeuge zur Hand, die in jeden gut sortierten Geheimagenten-koffer gehören. Mit dem Venticator könnt ihr unbemerkt durch das ausgedehnte Netz aus Luftschächten krabbeln, mit dem Gear Lover lassen sich Tresore und Maschinen manipulieren und der vollautomatische Lockateer öffnet so manche Tür. Für einfache Kisten gibt es zudem noch ein ganz altmodisches Brecheisen. Der Einsatz der Werkzeuge sowie eure Laufwege wollen zwar bedacht sein, damit man euch nicht auf frischer Tat ertappt, aber man muss wahrlich kein Schleichspiel-Experte sein, um ans Ziel zu gelangen.

Das liegt sicher auch ein wenig an der vergleichsweise kompakten Spielwelt, aber vor allem daran, dass Karaski eben in erster Linie ein Adventure und kein vollwertiges Stealth-Game sein will. Die Möglichkeit, Wachen zu Bestechen und so Fehltritte auszubügeln, unterstreicht diesen Eindruck noch. Allerdings solltet ihr bei euren Ermittlungen vielleicht trotzdem nicht zu sorglos sein. Ihr müsst zwar nicht befürchten, vom Personal verhaftet oder gar verletzt zu werden, aber jeder Fehltritt kann eurem Ruf schaden und euch letztlich sogar zum Hauptverdächtigen machen. Dank eines Blackouts gleich zu Beginn des Spielst ist die Geschichte nämlich so variabel, dass eure Taten unter Umständen nur noch den Schluss zulassen, dass ihr selbst der Saboteur seid.

Noch wichtiger als eure Qualitäten im Schleichen sind ohnehin die Gespräche mit den vier Hauptverdächtigen. Ob ihr nun versucht, ihr Vertrauen zu gewinnen, oder sie verbal in die Ecke drängt, es wird Konsequenzen haben. Der Kreis der Verdächtigen besteht immer aus den gleichen vier Personen (und euch) aber erst die Gespräche und die gefundenen Hinweise lassen erahnen, wer wirklich die Strippen zieht. Vielleicht der patriotische Kapitän, der den Anschluss seiner Heimat an das Commenwealth missbilligt? Der nervöse Schiffsarzt, dessen Religion nicht viel vom technologischen Fortschritt hält? Oder doch die Dame aus der High Society, die in der Luftfahrt eine neue Konkurrenz für ihr Unternehmen sieht? Und was hat der auffallend zurückgezogene Konstrukteur der Wundermaschine zu verbergen? Ein Motiv hätten sie offenbar alle, aber nur einer kann der Täter sein und selbst wenn ihr das ganze Schiff auf den Kopf stellt, bleiben am Ende doch ein paar Zweifel.

Leider fehlte es Unbound Creations an dem nötigen Kleingeld, um die vielen Dialoge auch zu vertonen und auch sonst merkt man Karaski das schmale Budget schon hier und da ein wenig an. Die Cartoon-ähnliche Grafik wird sicher keinen vom Stuhl hauen und ein paar Umgebungen wirken doch ein wenig karg, aber auch mit diesen eher einfachen Mitteln schafft es Unbound Creations, dem Schiff und seinen Passagieren einen gewissen Charme zu verleihen. Stellenweise weckte es sogar Erinnerungen an Double Fines Stacking.

Fazit
Karaski: What Goes Up… ist zweifellos eines der ungewöhnlichsten Adventures, die ich je gespielt habe. Die nicht-lineare Geschichte um die Sabotage des Luftschiffs ist bis zum Ende spannend und die Dialoge wissen zum Glück auch ohne Vertonung zu gefallen. Die Schleich-Elemente und das Erkunden hätten zwar gern noch umfangreicher ausfallen dürfen, aber angesichts der relativ kurzen Spielzeit pro Durchgang (3-4 Stunden) lässt sich das verschmerzen. Sofern keine akute Allergie gegen Stealth-Elemente besteht, kann ich Karaski allen Adventure-Fans nur wärmstens ans Herz legen.

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