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Experimentell Indie Review / Test

Mein Freund, der Bordcomputer: Event[0] im Test

teaser-event0-ocelot-society-sSo gut die Texte auch geschrieben sein mögen, am Ende laufen die Gespräche mit Charakteren heutzutage doch eigentlich immer nach dem gleichen Schema ab. Ob Blockbuster-RPG von Bioware oder cineastisches Adventure von Telltale Games, eure einzige Möglichkeit zur Kommunikation sind eine handvoll vorgefertigter Fragen, die letztlich nur als Link auf eine vorgegebene Antwort irgendwo im Quelltext dienen. Doch was wäre, wenn wir uns tatsächlich mit unseren eigenen Worten mit dem künstlichen Gegenüber unterhalten könnten? Eine Frage, die sich auch das Team von Ocelot Society gestellt hat und mit Event[0] zu beantworten versucht.

Nach vielen Jahren harter Arbeit wird euer Traum tatsächlich wahr. Der Präsident von ITS höchstpersönlich hat euch für die Crew der 11. Europa Mission ausgewählt und ihr dürft endlich eure erste Reise ins All antreten. Natürlich ist euch beim Start etwas mulmig zumute, aber als von der Erde nur noch ein kleines Funkeln im schwarzen Meer des Weltraums zu sehen ist, sind auch die letzten Zweifel verschwunden.

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Ihr habt gerade den Orbit von Europa erreicht, als plötzlich ein schriller Alarm ertönt und rote Lichter unmissverständlich klar machen, dass irgendwas nicht stimmt. Nur Momente später sitzt ihr in einer Rettungskapsel und müsst mitansehen, wie euer Schiff in tausend Teile zerspringt. Panisch versucht ihr, die anderen Kapseln zu kontaktieren, aber niemand antwortet. Als ihr euch schon damit abgefunden habt, dass ihr diese Kapsel wohl nicht mehr lebend verlassen werdet, entdeckt ihr ein kleines Raumschiff auf dem Radar. An Bord begrüßt euch jedoch nicht etwa eine Rettungscrew, sondern Kaizen, der Bordcomputer. Von der Mannschaft des offenbar recht alten Touristen-Schiffs fehlt zunächst jede Spur und da Kaizen quasi die Seele des Raumschiffs ist, die von der Kaffeemaschine bis zu den Luftschleusen alles steuert, müsst ihr euch irgendwie mit der KI arrangieren, wenn ihr doch noch lebend zur Erde zurückkehren wollt.

Über Terminals, die in jedem Raum des Schiffs stehen, kommuniziert ihr mit Kaizen. Wie in einem alten Textadventure müsst ihr dabei alles Buchstabe für Buchstabe selbst tippen, statt auf vorgefertigte Satzbausteine oder gar Sätze zurückzugreifen. Natürlich gibt es ein paar feste Kommandos, wie etwa den Befehl zum Öffnen einer Tür, aber Kaizen ist viel mehr als nur eine Art primitives Betriebssystem, das ihr nutzt, um euch durch das Schiff zu bewegen. Hinter den Bits und Bytes versteckt sich nämlich eine künstliche Persönlichkeit, die nicht nur über Intelligenz verfügt, sondern auch eigene Ziele verfolgt und bis zu einem gewissen Grad zu Emotionen fähig ist. Haltet ihr euch an Kaizens Plan und schreibt nette Dinge, dann wird womöglich so manches leichter, aber wenn ihr die Ansichten der KI infrage stellt oder gar unhöflich werdet, kann auch das Gegenteil eintreten.

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Mit Hilfe von Kaizen versucht ihr also, einen Weg auf die Brücke zu finden, die von der Crew mit einem Passwort gesichert wurde. Um das zu erfahren, müsst ihr das Schiff erkunden und herausfinden, was mit der Crew passiert ist. Natürlich könnt ihr auch einfach Kaizen fragen, aber nur die zahlreichen Logs, die ihr gezielt an den Terminals aufrufen und zum Teil richtig suchen müsst, erlauben einen unverfälschten Blick auf das Schicksal der Crew. Abgesehen von den clever arrangierten Umgebungen sind es auch ausschließlich besagte Logs sowie Kaizen selbst, die für das Storytelling zum Einsatz kommen. Und diese Mittel reichen auch völlig aus, um die Geschichte durchgehend spannend zu halten, denn es gibt so manchen Twist und selbst nach dem Ende seid ihr euch nicht ganz sicher, wer hier wirklich gut und wer böse war.

Da das Schiff nur aus einer handvoll Räumen besteht und ihr ohne den Computer nahezu handlungsunfähig seid, fällt die Suche nach der Wahrheit leider recht kurz und linear aus. Die wenigen Hürden, die euch von der Brücke und dem großen Finale trennen, sind zwar gut gemacht, aber leider auch nur auf eine einzige Art zu überwinden, so dass sich der Wiederspielwert auf den Umgang mit Kaizen und die damit verknüpften Enden beschränkt. Dafür warten die Umgebungen mit einem großartigen Retro-SciFi-Design auf, dass sich auch hinter einem Alien: Isolation nicht verstecken muss.

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Wenn man bedenkt, dass so manch anderes Studio schon daran gescheitert ist, wenigstens Figuren zu programmieren, die halbwegs clever kämpfen, dann kann man sich vorstellen, wie schwierig die Entwicklung eines intelligenten Chatbots sein muss. Allein für den Versuch gebührt den Machern von Event[0] also großer Respekt, aber leider muss ich auch sagen, dass sie ihr Ziel nicht ganz erreicht haben. Es gibt Momente, da reagiert Kaizen erstaunlich natürlich. Er versteht, ob ihr für oder gegen ihn seid und durch die passende Reaktion ist die Illusion einer echten Unterhaltung fast perfekt.

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Doch es passiert eben genauso oft, dass er euch gar nicht versteht, oder durch bestimmte Wörter „getriggert“ wird und dann eine völlig zusammenhanglose Antwort gibt oder sich einfach wiederholt. Innerhalb des Spiels macht das zwar sogar ein Stück weit Sinn, aber letzten Endes überwog bei mir leider der Eindruck, dass dieses Verhalten eben doch ein Makel und kein subtiler Teil der Handlung ist. Ein Problem, das natürlich je nach Spieler unterschiedlich stark ausgeprägt ist, da jeder etwas anders mit Kaizen umgeht und auch eure Englischkenntnisse eine Rolle spielen.

Am Ende bleibt ein hübsch anzuschauendes, atmosphärisches und überaus ambitioniertes Experiment mit einer mutigen Idee, das leider viel zu früh endet. Doch so sehr ich diejenigen auch verstehen kann, die eine Spielzeit von 3-4 Stunden bei einem Preis von 20 € für einen schlechten Deal halten, so sehr wünsche ich mir auch, dass sich andere Entwickler an diesem Spiel ein Beispiel nehmen. Denn trotz seiner Makel deutet Event[0] an, welch ungeheures Potential Videospiele als erzählerisches Medium haben, wenn wir nicht nur versuchen, mit immer realistischeren Grafiken dem Film nachzueifern. Mit intelligenten Charakteren, die endlich mit uns reden, statt nur mit uns zu kämpfen, können Geschichten auf eine Weise erzählt werden, wie es kein Film und kein Buch dieser Welt vermag.

Entwickler/Publisher: Ocelot Society
Genre: (Text-) Adventure / Experimentell / SciFi | Plattform: Windows / Mac
Release: September 2016 | Pad Support: nein | Offizielle Website
Preis: 19,99 € via Humble, Steam, GOG, itch.io

3 Antworten auf „Mein Freund, der Bordcomputer: Event[0] im Test“

Ganz neu ist die Idee ja nicht, da es reine Chatbots gibt, die genau darauf ausgelegt sind. Die Praxis zeigt aber auch da, wo die Grenzen dieser Spielereien liegen. Letztlich bleibt es eine bessere KI, die auch nur von Menschenhand erschaffen ist. Ich denke es ist utopisch, da zu viel zu erwarten. Manchmal funktioniert so etwas ganz gut, aber man sollte doch nicht zu tief graben. 😉

Ist natürlich nett, wenn man nun so einen etwas komplexeren Chatbot in ein Spiel eingebaut hat.

Leider ist mir die Handlung vom Spiel selbst dann doch ein wenig zu viel Standard. Wie oft gab es diese Sache schon in anderer Form? Ich mag zwar SciFi-Shooter, aber eher wenige SciFi-Spiele. Daher werde ich auch hier die Finger von lassen. Zumal der Chatbot scheinbar nicht über jene hinauskommt, die man außerhalb von Spielen so findet. Was anderes habe ich da aber auch nicht erwartet.

Den Mut der Entwickler finde ich natürlich trotzdem lobenswert. Schön wenn jemand versucht neue Wege zu gehen.

Klar, Chatbots selbst sind nicht neu und erst Anfang des Jahres ist zum Beispiel Microsoft mit einem Twitter-Bot zur Lachnummer im Netz geworden, aber der Einsatz als zentraler NPC in einem Spiel ist meines Wissens nach noch nie gewagt worden.

Vermutlich nicht. Ich kenne zumindest kein Spiel, bei dem so einer drinnen wäre. Aber wie gesagt, reizt mich trotzdem nicht, da es ebenso anfällig wie ein normaler besserer Chatbot ist.

Dazu kommt das typische SciFi-Setting. Ich liebe zwar SciFi, aber im Bereich Spielen eher weniger. Ausnahme sind da für mich Shooter. Ziehe mir lieber SciFi-Serien und Filme rein. Da bin ich sofort für zu begeistern. 😀

Ist manchmal komisch … xD Aber ich spiele ja auch gerne Fantasy-RPGs und verabscheue Fantasy-Bücher, da die alle Schema F folgen, bis auf wenige Ausnahmen. 😉

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