Es gibt wohl kaum jemanden, der noch nicht vom Serienmörder Jack The Ripper gehört hat. Im Londoner East End des Jahres 1888 soll er mindestens fünf Prostituierte auf bestialische Weise ermordet haben und da man die Morde nie aufklären konnte, ranken sich heute unzählige Theorien rund um ihn und seine furchtbaren Taten. Kein Wunder also, dass der Killer nicht nur Hollywood, sondern auch so manchem Spieleentwickler als Inspiration diente.
Auch der Londoner Indie-Entwickler Alexander Francois (besser bekannt als Brainchild) ist von der Bestie fasziniert, die einst in seiner Stadt wütete und mit dem Point & Click-Adventure The Slaughter präsentiert er uns nun seine ganz eigene Interpretation der Geschehnisse. Im Spiel finden wir uns also im London jener Zeit wieder, aber wir schlüpfen nicht etwa in die Rolle eines Ermittlers von Scotland Yard, sondern spielen den Privatdetektiv Sydney Emerson. Doch wer jetzt einen Gentleman à la Sherlock Holmes erwartet, der wird schon in der Eröffnungsszene eines Besseren belehrt.
Sydney liegt blutverschmiert im Dreck einer Seitengasse und wird mit Tritten malträtiert, weil er es sich wieder mal mit den falschen Leuten verscherzt hat. Er ist ganz unten angekommen und kann weder seine Miete zahlen noch seinen Magen füllen. Statt die Probleme der Schönen und Reichen zu lösen oder Verschwörungen zu enthüllen, sucht er nach verschwundenen Hunden, um über die Runden zu kommen. Als dann jedoch eine gut situierte Dame ihren Weg in sein Büro findet und ihn um Hilfe bittet, nimmt sein trostloses Leben eine entscheidende Wendung. Die Schwester der Dame wurde ermordet und es stellt sich heraus, dass es sich dabei ausgerechnet um die Frau handelt, von der Sydney erst kurz zuvor aus seiner Blutlache gezogen und aufgepäppelt wurde. Eigentlich sollt ihr nur ein wertvolles Erbstück zurückholen, aber für Sydney geht es nun um mehr.
Ihr stellt also erste Ermittlungen in den schäbigeren Ecken Londons an und sucht nach Hinweisen. Da The Slaughter in insgesamt drei Akte aufgeteilt ist und von Brainchild quasi im Alleingang entwickelt wird, bekommt ihr im ersten Akt aber nur einen recht kleinen Teil der Stadt zu Gesicht. Neben Sydneys bescheidener Bleibe besucht ihr u.a. seinen Lieblingspub, einen sogenannten Gentlemen’s Club und natürlich auch das Leichenschauhaus, aber viel mehr bekommt ihr von London nicht zu sehen. Weil ihr aber ohnehin nach etwa 3 bis 4 Stunden das vorläufige Ende der Geschichte erreicht habt, bleibt kaum genug Zeit, um sich an den Örtlichkeiten sattzusehen und außerdem lockern kurze Traumsequenzen immer wieder das Geschehen auf.
Optisch orientiert sich The Slaughter klar an den Urvätern des Genres, zieht im direkten Vergleich mit den Hintergründen eines Secret of Monkey Island allerdings klar den Kürzeren. Doch auch wenn es zuweilen an Details fehlt und alles recht statisch gehalten ist, wirken die Straßen, Gassen und Wohnungen des pixeligen London durchaus authentisch, was nicht zuletzt auch an der stets zeitgemäßen Musikuntermalung liegt.
Ähnlich verhält es sich auch mit den Charakteren, die zwar in technischer Hinsicht ziemlich schlicht daherkommen, aber dafür quasi mit inneren Werten punkten. Die Palette reicht von liebenswerten Freudenmädchen über verschrobene Gangsterbosse bis hin zu sprechenden Fischen und nicht alle von ihnen sind wirklich so, wie es zunächst den Anschein hat. Dementsprechend sind die Charaktere auch eine der großen Stärken von The Slaughter Act 1 und einige davon schließt man auch schon in der kurzen Spielzeit in sein Herz. Etwas schlichter kommen da schon die obligatorischen Puzzles daher, die wie üblich auf den Einsatz des richtigen Items am richtigen Platz setzen und nicht immer nur logisch erscheinen.
The Slaughter lebt vor allem von seinem unverbrauchten Setting und der geheimnisvollen Geschichte, die zwar in diesem ersten Akt noch fast alle Fragen unbeantwortet lässt, aber euch genug Hinweise gibt, um euch bei der Stange zu halten. Gerade das Finale ist hervorragend inszeniert und lässt mich mit Ungeduld auf die Fortsetzung warten. Wer also eine Schwäche für Adventures der alten Schule hat, der wird hier für knapp 8 € gut bedient. Wobei an dieser Stelle noch erwähnt sei, dass ihr für diesen Preis nur den ersten Akt bekommt.
Entwickler: Brainchild | Publisher: Brainchild / Owl Cave | Genre: Adventure / Noir / Retro
Plattform: PC / Mac / Linux | Release: Januar 2016 | Twitter
Preis: ca. 8 € auf Steam oder ca. 8 $ via Humble (DRM-free + Steam)
Vielen Dank an Brainchild für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.
Eine Antwort auf „Dem pixeligen Ripper auf der Spur: The Slaughter – Act 1 im Test“
Tatsächlich noch nie von dem Spiel gehört, aber es trifft von vorne bis hinten, von der Grafik bis zur Story, genau meinen Geschmack! Ich liebe Adventures. Für die 8€ werde ich mir das Spiel auf jeden Fall anschaffen. Danke für den Tipp. 🙂