Dank Evolve kommt aktuell auch der Mainstream auf den Geschmack asymmetrischer Multiplayer-Action, aber das liegt weniger an dem vermeintlich innovativen Konzept als an dem enormen PR-Budget. Da können Indie-Studios wie Digital Confectioners leider nicht mithalten, dabei kann sich ihr Debüt-Titel Depth durchaus mit dem neuen Blockbuster der Left 4 Dead-Macher messen.
Depth ist zwar bereits seit 2007 als Mod für UT 3 in Arbeit gewesen, aber zur Veröffentlichung kam es erst Ende 2014. Das Spielkonzept hat trotz der langen Entwicklungszeit jedoch nichts von seiner Originalität eingebüßt. Es kombiniert den Nervenkitzel von Jaws mit der pfeilschnellen Action klassischer Shooter wie Painkiller oder Quake und verfeinert es mit einer guten Portion Teamplay. In den Tiefen des Meeres versucht ein vierköpfiges Taucherteam, uralte Schätze zu bergen und begibt sich dabei in das Jagdgebiet blutrünstiger Haie. Für beide Seiten beginnt daraufhin ein erbarmungsloser Kampf ums Überleben, denn sowohl Haie als auch Taucher haben nur eine begrenzte Anzahl an Leben zur Verfügung.
Zur Bergung der Schätze werden die Taucher von einem kleinen Roboter, STEVE genannt, begleitet, der insgesamt vier Tresore knacken muss, ehe er wieder an die Oberfläche zurückkehrt. Die Haie müssen das verhindern und die Eindringlinge verspeisen bis alle Respawn-Tickets verbraucht sind. Damit daraus nun kein simples Team-Deathmatch entsteht, bewegt sich STEVE recht gemächlich auf einer festgelegten Route von einer Schatztruhe zur nächsten und nimmt sich jeweils einige Minuten Zeit, um die Beute aus den rostigen Safes zu holen. In dieser Zeit müssen die Taucher auf ihn aufpassen, da die Haie ihn sonst leicht lahmlegen und sie so am Fortkommen hindern.
Während sich die vier Taucher also langsam durch den Level bewegen, lauern in der Dunkelheit die beiden Haie auf ihre Chance. Solange sie nah genug sind, können sie die Taucher auch durch Wände hindurch wahrnehmen und somit ganz gezielt das nächste Opfer auswählen. Sekunden später brechen sie auch schon durch eine Wand, schnappen nach ihrem überraschten Opfer und schießen mit der Beute im Maul wieder aus dem Raum. Die Taucher versuchen sich nach Kräften zu wehren und erkennen am immer lauter werdenden Herzschlag, dass sie die Biester nur noch wenige Meter entfernt sind. Mit der einfachen Startpistole können sie aber nur wenig ausrichten und darum ist es umso wichtiger, dass man sich gut positioniert und einander deckt. Das ist allerdings leichter gesagt als getan, denn die Haie können oft aus allen Richtungen zuschlagen, sodass der Tauchgang nicht selten an klassische 360°-Shooter wie Descent oder Aquanox erinnert, nur eben unter Wasser.
Trotz des Wassers ist Depth aber spätestens ab der Mitte einer Partie extrem schnell. Dann haben die Haie ihre ersten Upgrades erkämpft und die Taucher bessere Ausrüstung gekauft. Für jeden getöteten Taucher bekommen sie nämlich einen Skillpunkt und damit können sie sich dann beispielsweise mehr Ausdauer verschaffen, ihre Wendigkeit erhöhen oder von Verletzungen schneller erholen. In den Händen geübter Spieler werden die Haie dann zu absolut tödlichen Fressmaschinen, die wie Projektile durch das Wasser jagen und blitzschnell einen ganzen Raum leerfegen.
Die Taucher sammeln wiederum Gold, das entweder per Hand vom Meeresboden aufgelesen oder von STEVE aus den Tresoren geholt wird. Das investieren sie dann in stärkere Waffen und nützliche Gadgets. Gute Schützen greifen gern zur Harpune, die zwar eine niedrige Feuerrate bietet, dafür aber enormen Schaden macht. Wer weniger treffsicher ist, der schickt mit den diversen Maschinengewehren (Gewehre unter Wasser? Ja, gibt es wirklich) einfach möglichst viele Projektile auf die Reise. Die Wahl der Ausrüstung sollte aber nicht nur vom eigenen Geschmack bestimmt werden, denn die drei verschiedenen Haiarten und natürlich auch der Spielstil der Haie erfordern oft eine angepasste Vorgehensweise, wenn man nicht als Hauptspeise enden will. Die Taucher müssen sich ergänzen und können im Spiel verschiedene Rollen übernehmen. So kann man etwa als Supporter agieren und die Haie mit der Netzkanone zur leichten Beute machen oder sich auf die gefährliche Goldsuche konzentrieren.
Depth hat also mehr Spieltiefe (pun intended) als es zunächst den Anschein hat. Obwohl beide Seiten in keinster Weise vergleichbar sind, haben die Entwickler es geschafft, sie nahezu perfekt auszubalancieren. Ein unausgewogener Skilllevel bei den Spielern kann natürlich trotzdem schnell zu einer einseitigen Partie führen, aber das liegt dann nicht am Spieldesign. Dem könnte man natürlich mit passendem Matchmaking entgegenwirken, aber dafür fehlen Depth schlichtweg die Spieler. Aktuell sind leider selten mehr als hundert Spieler unterwegs und somit muss man leider öfter mal minutenlang auf eine Partie warten. Ein Umstand, der sich hoffentlich schon bald mit dem neuen Content Update wieder ändern wird. Schon das letzte Update brachte kostenlos viele neue Features und spülte damit auch wieder Spieler auf die Server. Dank ansprechender Umgebungen, guten Effekten und cleverem Spiel mit der Dunkelheit macht der Tauchgang auch optisch was her. Gerade in den dunkleren Bereichen, wo das Schwarz der Tiefe fast nur noch durch die Magnesiumfackeln erhellt wird, kommt teilweise richtig Gruselstimmung auf.
Die recht kleine Community und der aktuell noch etwas geringe Umfang sind die einzigen Schwächen von Depth, das mich dank innovativem Gameplay und zum Teil extrem spannenden Partien bereits mehr als 50 Stunden in seinen Bann ziehen konnte. Mit einem Preis von rund 23 € gehört es zwar zu den teureren Indie-Titeln, aber dafür bekommt ihr einen erstklassigen Mehrspieler-Titel, der auch auf lange Sicht (sofern die Server nicht noch leerer werden) motivieren kann.
Mein Lets Play zu Depth findet ihr hier
Publisher/Entwickler: Digital Confectioners
Genre: Multiplayer / Action / Shooter / Asymmetric / 1st-Person | Plattform: Windows
Release: November 2014 | Pad Support: ja | Offizielle Website
Preis: ca. 23 € via Humble oder Steam
3 Antworten auf „Indie-Review: Depth“
Das Konzept und die Idee klingen gar nicht mal so übel, aber ob bei dem Preis die Community wachsen wird? Und damit steht und fällt die Geschichte ja langfristig…ich warte da mal lieber auf einen kräftigen Sale! 😉
Könnte mir gut vorstellen, dass der Sale direkt mit dem neuen Update kommt 🙂
Das wäre natürlich clever…