Im Laufe der Jahre habe ich mich schon durch hunderte von virtuellen Verliesen gekämpft. Einige waren richtig unheimlich, andere waren riesig und wieder andere waren einfach nur sehr gefährlich, aber keines davon war auch nur annähernd so wie TinyKeep, mein persönliches CRotY (Cutest Rogue-like of the Year).
Das Spiel begann im Mai 2013 als Kickstarter-Projekt, wo der Indie-Entwickler Phi Dinh (Phi Games) immerhin 25k Pfund bekam und damit zumindest sein Minimalziel erreichte. Knapp anderthalb Jahre später war das Spiel dann schließlich fertig und obwohl letztendlich nicht alles im Spiel gelandet ist, was man ursprünglich geplant hatte, dürften die meisten Backer ganz zufrieden sein.
Wie der Name schon erahnen lässt reduziert TinyKeep die altbekannte Hatz durch uralte Kerker auf das Wesentliche. Statt euch mit dem üblichen Firlefanz wie Erfahrungspunkten, Charakterklassen und einem Inventarsystem zu verhätscheln, wirft es euch einfach in eine modrige Zelle und schaut, wie lange ihr in seinen verschlungenen Korridoren überlebt.
Als ihr aufwacht habt ihr nicht mehr als eure zerfledderten Klamotten am Leib, aber immerhin ist die Zelle offen, denn Maggie, die mit euch in der Zelle saß, ist irgendwie an die Schlüssel gekommen und direkt abgehauen. Ihr tut es ihr also gleich und erkundet die steinernen Gänge des zufällig generierten Gemäuers. Die ersten Wachen lassen sich natürlich auch schnell blicken und versuchen, eurer Flucht mit lustigem Gebrabbel und Waffengewalt ein jähes Ende zu bereiten. Doch viel dagegen tun könnt ihr zunächst nicht, aber mit flinken Füßen und ein wenig Glück bekommt ihr schon bald Schwert und Schild in eure Finger und könnt euren Verfolgern Einhalt gebieten.
Wehrlos seid ihr dann zwar nicht mehr, wirklich jeden Wächter und jedes Monster zum Duell zu fordern ist aber trotzdem nicht die beste Idee, denn TinyKeeps Rogue-like-Elemente hören bei den Zufalls-Dungeons noch nicht auf. Wie so oft gilt auch hier der Permadeath, was bedeutet, dass der Tod eures Charakters endgültig ist und ihr anschließend mit einem anderen Insassen von vorn beginnen müsst. Das ist in den ersten Levels noch kein großes Problem, da eigentlich immer ausreichend Heilgegenstände zu finden sind, aber je näher ihr dem Ausgang kommt, desto gefährlicher wird es.
Wer es bis in die Freiheit schaffen will, der sollte sich daher nicht nur auf seine Fähigkeiten beim Blocken und sein Glück verlassen, sondern seinen Charakter regelmäßig aufwerten. Das geht aber nur indem ihr euch Goldmünzen besorgt und die bekommt ihr vornehmlich von besiegten Gegnern, was die Jagd nach einem besseren Charakter immer wieder zu einem Spiel mit dem Feuer macht. Hinzu kommt, dass ein Sack voll Gold allein noch keinen tollen Charakter garantiert, denn ihr müsst das Gold an zufällig verteilten Altaren opfern und bekommt dann eine ebenso zufällig gewählte Verbesserung. Je nachdem, welchen Altar ihr bezahlt habt (es gibt welche für 15, 50 und 100 Goldstücke), könnt ihr dann besser austeilen, seid Feuerresistent oder regeneriert sogar eure Lebensenergie. Viele dieser Verbesserungen lassen sich außerdem auch aufleveln und nur wenn ihr euren Charakter stetig aufwertet, habt ihr auch eine echte Chance, aus dem finsteren Verlies zu entkommen.
Zugegeben, verglichen mit vielen anderen Rogue-likes und Dungeon-Crawlern könnte TinyKeep simpler kaum sein, aber irgendwie ist das auch seine große Stärke. Es stresst euch nicht mit unnötigem Ballast und tut doch genug, um euch bei Laune zu halten. Selbst die Kämpfe sind immer wieder spannend, obwohl euer Repertoire nur aus einem Block und einem einzigen Schlag besteht. Das liegt vor allem daran, dass ihr euch eurer Sache nie zu sicher sein könnt. Auch wenn ihr eben noch ganz locker einen Gegner nach dem anderen erledigt habt, kann es ganz schnell passieren, dass ihr plötzlich von einer ganze Horde verfolgt werdet und euch in Panik in eine Sackgasse flüchtet. Für einen Hauch Taktik sorgen zudem die zahlreichen Fallen, die ihr auch gezielt gegen die KI einsetzen könnt, was gerne mal mit einem schadenfrohen Schmunzeln endet.
Das Highlight von TinyKeep ist für mich aber die liebenswerte Aufmachung. Die Optik ist zwar einfach gehalten, hat aber dennoch Charme und vor allem die Charaktere sowie deren Animationen und Gebrabbel sind einfach drollig. In Kombination mit dem orchestralen Soundtrack von Wil Bedford entsteht schließlich eine fröhliche Abenteuerstimmung, die einen immer wieder in den Dungeon lockt.
Leider gibt es das Spiel bisher nur für PC, Mac und Linux, obwohl es eigentlich perfekt auf die PS Vita oder Nintendos 3DS passen würde. Edit: Eine Android-Version ist inzwischen ebenfalls zu haben.
Publisher Digital Tribe | Entwickler Phi Games
Genre: Action-RPG / Dungeon-Crawler / Rogue-like | Plattform: PC / Mac / Linux / Android
Release: September 2014 | Pad Support: ja | Preis: ca. 13 € auf Steam | Website | Twitter
Vielen Dank an Digital Tribe für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.
2 Antworten auf „Indie-Review: TinyKeep“
Hast du es durchgespielt? Wie lange hast du gebraucht und wie schwierig ist es denn?
Daran scheitert es bei mir nämlich leider an den ganzen Rouge-like-Titeln. Entweder sind sie zu schwierig und ich habe nach wenigen Runden schon keine Lust mehr oder sie sind zu einfach und nach 3 Stunden frage ich mich dann, ob das jetzt alles war.
Durchspielen und Spielzeit sind bei solchen Spielen ja immer so ne Sache. Es gibt im Grunde ein leichtes (Level 10) und ein schweres Ende (Level 20) sowie einen New Game+ Modus. Bis man das schwere Ende das erste Mal erreicht, braucht man doch so einige Versuche und ich schätze mal, dass es je nach können zwischen 6h und 10h dauern kann, aber das ist wirklich nur grob geschätzt. Den Schwierigkeitsgrad finde ich recht ausgewogen. Es ist nicht so leicht, dass man nach ein paar Versuchen bis zum Ende marschieren kann und dennoch nicht frustrierend. Ich hab zumindest meist das Gefühl gehabt, dass ich Fortschritte gemacht habe und mich beim Tod eher über mich als über das Spiel geärgert. Wenn du bisher mit Rogue-likes eher auf Kriegsfuß stehst, dann wirst du mit TinyKeep aber wohl auch nicht unbedingt glücklich, schätze ich.