Publisher: Mastertronic | Entwickler: Polypusher Studios
Genre: Adventure | Exploration | Psycho-Thriller | Experimentell
Plattform: PC / Mac (Oculus Rift folgt) | Offizielle Website
Preis: ca. 7,99 € GoG / Gamersgate / Steam
Ursprünglich hatte ich gar nicht vor, ein Review zu Montague’s Mount zu schreiben, denn der Artikel vom guten Blogger-Kollegen Jens beschrieb den Titel schon recht gut. Doch die Berichte auf Eurogamer (sonst eine meiner ersten Anlaufstellen) und Joystiq haben mich dazu bewogen, nun doch auch meine persönlichen Erfahrungen mit dem Spiel in Worte zu fassen. Ich kann einfach nicht kommentarlos zusehen, wie die Fachpresse die harte Arbeit des Ein-Mann-Entwicklers Polypusher mit Füßen tritt.
Über Montague’s Mount habe ich vor ziemlich genau einem Jahr schon mal etwas geschrieben, denn damals versuchte der Entwickler via IndieGoGo bescheidene 15.000 Dollar aufzutreiben, um damit die Entwicklung seines Spiels zu finanzieren. Es fanden sich jedoch nur wenige Unterstützer und so kamen am Ende nur knapp tausend Dollar zusammen. Irgendwie hat er es trotz aller finanziellen Schwierigkeiten aber geschafft, lange genug durchzuhalten, bis Mastertronic auf ihn aufmerksam wurden. Mit deren Hilfe konnte er den ersten Teil von Montague’s Mount vor wenigen Wochen endlich veröffentlichen.
Am Konzept des Spiels hat die Zusammenarbeit mit Mastertronic nichts geändert und das rechne ich dem Publisher hoch an, denn in dieser Form ist der Titel ganz offensichtlich alles andere als massentauglich. Genau wie bei Dear Esther stehen hier nämlich Atmosphäre und die Geschichte über allem. Letztere ist ein Stück weit autobiographisch und widmet sich auf eine eher philosophische Art der menschlichen Psyche.
Mit einem verletzten Bein erwacht ihr am Strand einer einsamen Insel und habt natürlich keine Ahnung, was mit euch passiert ist oder wo ihr euch eigentlich befindet. Auf der Suche nach Antworten schnappt ihr euch also einen improvisierten Gehstock und erkundet die Insel. Die fest vorgegebenen Pfade sind übersät mit den Habseligkeiten der Bewohner und die wenigen Hütten sind menschenleer. Somit müsst ihr euch also auf die Rückkehr eures Gedächtnisses und die vielen kleinen Details auf der Insel verlassen, wenn ihr dem Rätsel eurer Reise auf die Spur kommen wollt.
Im Gegensatz zum Meisterwerk von The Chinese Room findet sich in Montague’s Mount jedoch auch noch eine gute Portion Adventure. Um euren Weg über die Insel fortsetzen zu können, müsst ihr nämlich immer wieder Rätsel lösen, die euch dann beispielsweise ein Tor öffnen oder eine Brücke herunterlassen. Bei der Lösung spielen sowohl diverse Gegenstände eine Rolle, als auch visuelle Hinweise aus eurer Umgebung. An einer Stelle gilt es zum Beispiel die Signale einer Boje richtig zu deuten, um die Kombination für ein Rätsel zu erhalten. Das mag natürlich nicht sehr glaubwürdig sein, aber das empfinde ich persönlich keineswegs negativ, denn beim Spielen wird ohnehin schnell klar, dass hier nicht alles so ist, wie es scheint. Das gemächliche Spieltempo sorgt dafür, dass man die Objekte nicht selten von ganz allein findet. Sich durch den peitschenden Regen zu kämpfen und die trostlose Spielwelt zu erkunden ist einfach ein elementarer Bestandteil des Spiels und wer sich daran hält, der erspart sich auch unnötige Laufwege und Suchorgien.
Polypusher überlässt sehr viel eurer eigenen Fantasie und statt euch direkt zu sagen, um was es eigentlich geht, lässt er die Spielfigur lieber geradezu poetische Monologe führen und die betont melancholische Atmosphäre für sich sprechen. Für viele Spieler ist das offenbar ein gänzlich neues Konzept und einigen fehlt ganz einfach das Verständnis für solch eine Herangehensweise. Nun bin ich selbst nicht gerade ein Bücherwurm, aber man kann es vielleicht ein wenig mit der Literatur vergleichen: Einige lesen eben gern einen klassischen Thriller von Tom Clancy mit einem Anfang und einem Ende und andere haben einen Gedichtband auf dem Nachttisch liegen. Ich meine das ganz ohne Wertung und will damit nur sagen, dass Montague’s Mount eben eine ganz bestimmte Gruppe von Spielern anspricht, wobei ich nur schwer sagen kann, wer nun in diese Kategorie fällt und wer sich wiederum langweilen wird.
Dezenter Einsatz von Farben, ein schwermütiger Soundtrack, nicht enden wollender Regen und eine Story, die sich ebenso gern in Nebel hüllt, wie es die Spielwelt tut, bilden einen klaren Kontrast zum klassischen Konzept eines spaßigen Videospiels. Wenn ihr also einfach nur eine gute Zeit haben wollt, dann könnt ihr euch diese Reise sparen. Aus meiner Sicht können Spiele aber weit mehr sein als nur pure Unterhaltung und Montague’s Mount versucht eben genau das zu zeigen. Am Ende mag das zwar nicht perfekt gelingen, aber ich bin für den Versuch sehr dankbar und froh, dass ich schon damals den Titel unterstützt habe.
6 Antworten auf „Indie-Tipp: Montague’s Mount“
Danke schön! Aber mehr als gut, dass du deine Review geschrieben hast, ich finde die ergänzen sich wunderbar. Sehr gut finde ich die explizite Erwähnung, dass es eine One-Man-Geschichte ist – und vor diesem Hintergrund finde ich die gnadenlosen Verrisse gerade auch von Publikationen, die viel von sich selbst halten, ignorant und ein stückweit gehässig. Siehe auch polygon: http://www.polygon.com/game/montague-s-mount/14945
Natürlich hat das Spiel ernsthafte Mängel, etwas das Ende…aber dennoch hätte ich mir mehr Fairness mit diesem kleinen, aber eindringlichen Kunstwerk gewünscht, hinter dem kein Unternehmen, sondern ein einzelner Mensch steht. Da wird es zwangsläufig persönlich in der vernichtenden Kritik und dass du genau diese Bewertungen in Frage stellst, gefällt mir sehr gut.
Ich schließe mich dir an. Einer Allein kann einfach nicht alles perfekt machen, auf alles achten. Aber ich werde mich das Game wirklich mal anschauen.
Ich persönlich kann Tests eh kaum noch etwas abgewinnen. Unmengen AAA-Titel werden unnötigerweise mit Hype überschüttet, obwohl sie überhaupt nichts besonderes sind. Andere, vor allem kleine Indie-Projekte, werden teilweise aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen immer wieder schwach bewertet, obwohl sie nicht selten mehr Unterhaltungswert haben, als so mancher Blockbuster.
Ich habe inzwischen so manches Spiel mit nicht besonders hoher Metacritic in meiner Sammlung und viel Spaß mit denen gehabt. Tests der meisten großen Seiten kann und will ich einfach nicht mehr ernstnehmen.
Habe zu oft das Gefühl, vielen Testern kommt es nur auf Grafik und ausgereifte Technik an. Retro … was ich so sehr liebe … wird eh gern runterbewertet, weil viel zu viele Tester so jung sind, dass sie mit sowas gar nix mehr anfangen können. Ich mache mir da einfach meine eigene Meinung. Ob ich ein Spiel kaufe, entscheide ich nicht durch Tests. Entweder sehe ich mir Videos und Screens an, lese worum es geht und kaufe, oder ich werde durch tolle Seiten / Blogs wie diese hier auf gute Titel aufmerksam.
Yeah, das Zitat von Joanne Greenberg müsste aus „I never promised you a Rose Garden“ sein. Eines meiner absoluten Lieblingsbücher.
da kennt sich aber jemand aus 😀
[…] ist Montague’s Mount erschienen und ihr findet hier mein Review […]