Ich habe schon lange nicht mehr ein derart altbackenes Spiel wie Astonishia Story gespielt. Das liegt aber nicht daran, dass die PSP eben auch aus einer anderen Zeit stammt. In Wahrheit ist das koreanische Rollenspiel von Sonnori nämlich noch viel älter als die 2006 über Ubisoft veröffentlichte Handheld-Version. Ursprünglich erschien es bereits 1994 in Südkorea und das kann leider auch dieses Remaster nicht mal im Ansatz kaschieren.
Plattform: Sony PSP
Release: 30. Juni 2006
Entwickler: Sonnori
Publisher: Ubisoft
Genre: JRPG
Meine Spielzeit: ca. 15h
Preis: ca. 5 € (gebraucht)
Lesetipp: Sonnori-Special bei HG101 (en)
Eigentlich hätte ich es spätestens beim Blick auf den Metacritic-Wert von bescheidenen 48 % besser wissen müssen, aber aus einer Reihe von (unglücklichen) Umständen habe ich mich dann trotzdem die rund 15 Stunden bis zum Ende gequält. Schon der Beginn der sogenannten Handlung könnte generischer kaum sein. Ein junger Ritter soll irgendein magisches Artefakt von A nach B bringen, aber unterwegs wird seine Karawane von brutalen Fieslingen überfallen und das Artefakt gestohlen. Das kann der gute Sir Lloyd von Roiental natürlich nicht auf sich sitzen lassen und so bereist er die ganze Welt, um das Artefakt zurückzuholen und Rache zu üben.
Eine Armee hat er dafür zwar nicht, aber unterwegs trifft er völlig überraschend eine Reihe hilfsbereiter Personen, die sich ihm anschließen. Darunter gibt es eine Gandalf-mäßige Zauberer-Legende, einen grimmigen Zwerg, den wortkargen Martial-Artist und noch einige andere. Es wäre wohl noch geschönt, diese wandelnden Klischees als Abziehbilder echter Charaktere zu bezeichnen. Mitte der Neunziger wäre das vielleicht noch okay gewesen, aber auf der PSP, geschweige denn 25 Jahre später, erwartet man von Rollenspiel-Helden wenigstens ein klein wenig Persönlichkeit. So fügen sie sich aber zumindest hervorragend in die völlig belanglose Geschichte ein, die weder einen roten Faden noch einen richtigen Antagonisten hat. Oft hatte ich schon am nächsten Tag wieder vergessen, was ich Tags zuvor gemacht hatte und was meine Heldentruppe als nächstes tun sollte. Wenn man dann noch bedenkt, dass es auch kein Questlog oder dergleichen gibt, könnte man den streng linearen Aufbau und die wenigen Locations schon fast als Pluspunkte verbuchen. Einzig die gelegentlichen Momenten, in denen das Spiel völlig unvermittelt die vierte Wand durchbricht und sich beim Spieler über Software-Piraten auslässt oder die Spiellogik infrage stellt, sind echt sehenswert.
All das könnte man vielleicht noch verschmerzen, wenn dafür das Kampfsystem richtig Spaß macht, aber das ist leider genauso dröge wie der Rest des Spiels. Es ist ein ganz traditionelles Taktik-System, bei dem ihr Runde für Runde all eure Helden horizontal und vertikal auf einem Gitternetz verschiebt. Je nach Charakterwert könnt ihr unterschiedlich weit gehen und dann mit einer Aktion eurer Wahl den Zug abschließen. Neben normalen Angriffen, die sich immer nutzen lassen, gibt es da natürlich auch eine handvoll Spezialangriffe und die üblichen Zauber, die Manapunkte verbrauchen. Rein theoretisch könnte man seine Taktik zwar variieren, in der Praxis schickt man dann aber doch immer nur die besten Kämpfer auf kürzestem Weg zum Feind und wirkt mit den restlichen Leuten immer wieder die gleichen zwei bis drei Zauber. Das geht einfach am schnellsten und abgesehen von einigen Bosskämpfen trifft man äußerst selten Gegner, bei denen ein anderes Vorgehen tatsächlich sinnvoll wäre. Zu allem Überfluss geht das Aufleveln der Charaktere auch noch super schleppend voran, aber wenigstens muss man nicht übermäßig viel grinden und nur in den Dungeons gibt es Zufallskämpfe.
Bei all den anderen Problemen ist das zwar eigentlich auch schon egal, aber technisch hat sich im Vergleich zur ursprünglichen PC-Version von 1994 schon sehr viel getan. So wirklich neu sind im PSP-Port allerdings nur einige Zauber-Effekte. Es gab nämlich bereits 2002 ein Remaster für den Nischen-Handheld GP32 und dieser diente als Basis für die Erstveröffentlichung im Westen auf der PSP. Die Dungeons sowie die Oberwelt sind auch nach dem Facelift nicht gerade schön anzuschauen, aber die Charaktere und insbesondere die Städte und Dörfer versprühen mit manch liebevoll gepixeltem Detail jedoch einen angenehmen 16-Bit-Charme.
Für sich genommen ist Astonishia Story ein Rollenspiel, das völlig zu Recht in Vergessenheit geraten ist, aber für Sonnori ist es von großer Bedeutung. In Südkorea verkaufte es sich damals sehr gut und legte damit den Grundstein für eine lange und erfolgreiche Reihe von Spielen. Davon hat es zwar nur ein Bruchteil zu uns in den Westen geschafft, aber Sonnori ist im Laufe der Jahrzehnte in seinem asiatischen Heimatmarkt zu einem etablierten Studio geworden und mit dem High School-Horror White Day feierte man 2017 sogar weltweit einen kleinen Achtungserfolg.