Vor gut anderthalb Jahren habe ich hier mit Begeisterung von Natural Selection 2 berichtet und bis heute habe ich weit über 400 Stunden mit diesem einzigartigen Multiplayer-Knaller verbracht. In dieser Zeit ist die Community trotz diverser Sales jedoch kaum gewachsen und selbst von meinen Freunden und Bekannten konnte leider niemand so richtig meine Faszination für das Spiel mit mir teilen. Eine der Gründe dafür ist sicher, dass NS2 sich in vielen Punkten deutlich von den gängigen Mehrspieler-Titeln unterscheidet und man viele Stunden trainieren muss, bis man die unzähligen Feinheiten des Spiels allmählich versteht. Ein großer Teil der Spieler gibt daher schon nach wenigen Partien auf und kehrt nie wieder zurück.
Das weiß auch das Team von Faultline Games und darum haben sie die Combat Mod erschaffen, die es bereits seit dem Ur-Natural Selection gibt und das Spiel in eine Art Team-Deathmatch mit Skill-System verwandelt. Nach vielen Jahren als Hobby-Entwickler und einer neuen Version der Combat Mod für Natural Selection 2 entschied sich das Team schließlich dazu, den Sprung in die kommerzielle Spieleentwicklung zu wagen. Als Unknown Worlds Entertainment, das Team hinter NS 2, dann davon hörten, machten sie ihnen ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnten. Mit UWE als Publisher im Rücken sollten sie ihre beliebte Combat Mod aufpolieren und zu einem eigenständigen Spiel machen, das nun pünktlich zu Halloween den Weg in den Steam Store gefunden hat.
Vieles von dem, was Natural Selection 2 so einzigartig, aber auch so anspruchsvoll macht, wurde in NS2: Combat entweder stark vereinfacht oder gleich komplett gestrichen. Zwar treten nach wie vor die Marines gegen die Alien-Rasse der Kharaa an, aber der Strategie-Part, in dem auf beiden Seiten ein Commander Ressourcen verwalten, Gebäude bauen und Anweisungen geben musste, ist nicht mehr im Spiel. Eine rudimentäre Basis gibt es aber noch immer und sobald eine Seite ihre Command Station bzw. ihren Hive verloren hat, ist das Spiel beendet.
Einfach durchrennen und draufhalten funktioniert dabei jedoch nicht, stattdessen müssen alle zusammenarbeiten und entweder gemeinsam anstürmen oder aber sich in Gruppen aufteilen und das feindliche Team gezielt von der Basis weglocken. Besonders heikel wird die Verteidigung dadurch, dass zwar die Panzerung der Basis immer wieder repariert werden kann, nicht aber die eigentliche Lebensenergie. Das führt auf den relativ kleinen Karten hin und wieder zu sehr spannenden „Sudden Death“-Situationen, wenn auf beiden Seiten nur noch die Panzerung und ein kümmerlicher Rest der Energieleiste zwischen Sieg bzw. Niederlage liegen.
An die Stelle der zuvor noch essentiellen Ressourcen, die durch die Kontrolle wichtiger Punkte gewonnen wurden, ist nun ein RPG-ähnliches Skill-System getreten. Ab sofort sammelt ihr daher Erfahrungspunkte die ihr für Kills, Assists und Reparaturen bzw. Heilungen erhaltet. Für jeden Level, den ihr dadurch aufsteigt, erhaltet ihr dann wiederum einen Skillpunkt, mit dem ihr vorhandene Fähigkeiten verbessert oder komplett neue freischaltet.
Auf ihre Ausrüstung müssen die Marines also trotz fehlendem Commander nicht verzichten. Genau genommen sind sie sogar noch besser ausgestattet als zuvor. Wenn ihr genügend Punkte und den entsprechenden Level habt, dann könnt ihr euch sowohl die Klassiker wie etwa das Jetpack, diverse Granaten und die Schrotflinte zulegen, als auch neue Spielzeuge wie die langsame aber verheerende Cannon. Wichtige Gebäude wie der Teleporter (Phase Gate) oder das Observatory (eine Art Radarsystem) sind weiterhin im Spiel und können nun von Marines als Skill gekauft und dann überall aufgebaut werden.
Auf Seiten der Aliens dürft ihr euch nach wie vor in insgesamt fünf verschiedene Kreaturen verwandeln, die allesamt ihren ganz eigenen Spielstil erfordern und dementsprechend auch etwas Übung erfordern. Auch hier entscheiden euer Level und die gesammelten Skillpunkte darüber, in welcher Form ihr Jagd auf die Marines machen dürft. Wie gehabt beginnt ihr euer Leben als einfacher Skulk, der ein wenig einem mutierten Hund ähnelt und besser klettern kann als jede Spinne. Als solcher lauert ihr dann in Lüftungsschächten und dunklen Ecken auf Beute, die ihr dann mit ein paar gezielten Bissen zerfetzt. An dem grundlegenden Handling der einzelnen Aliens hat sich nicht viel verändert, aber durch den neuen Skillbaum könnt ihr euch nun noch etwas besser spezialisieren. Natürlich könnt ihr noch immer eure Schnelligkeit und die Lebensenergie erhöhen, aber richtig interessant wird es erst durch die neuen Skills. Für die eher kurzlebigen Nahkämpfer empfiehlt sich beispielsweise der Gift-Skill, bei dem ihr nach eurem Ableben ein toxisches Gas freisetzt, dass euren Gegner nach einer vermeintlichen Niederlage doch noch dahinraffen kann. Die Gorges, die Support-Klasse der Aliens, können nun nicht mehr nur Tunnel und Hydras (biologische Mini-Turrets), sondern sogar eine Whip bauen, die den Marines Säurekugeln entgegenwirft. Durch das neue Skillsystem hat sich das Kräfteverhältnis zwischen den Alien-Rassen also ein wenig verschoben und wer genügend Skillpunkte investiert, der kann auch in der Endphase einer Partie noch mit einem sonst fast schon harmlosen Skulk für ordentlich Ärger sorgen.
Der Commander mag fehlen, aber Teamwork spielt auch in NS2: Combat noch eine nicht zu verachtende Rolle. Kein Marine-Equipment und kein Alien-Skill ist unnütz, aber nur in Kombination mit den Fähigkeiten der anderen Spieler entfalten sie ihr ganzes Potential. So mag ein Exo (große Kampfmechs) zwar viel Panzerung und große Feuerkraft besitzen, aber ohne Teamkameraden, die ihn in der Hitze des Gefechts reparieren verwandelt er sich schnell zu Altmetall. Noch deutlicher wird es bei den Aliens, die mit ihren verschiedenen Klassen das Teamwork noch ein wenig stärker forcieren.
Die vielen kleinen Änderungen und natürlich der Wegfall des Strategie-Parts machen NS2: Combat letztendlich aber deutlich zugänglicher. Auch Neulinge können relativ schnell erste Erfolge feiern und bekommen durch die Erfahrungspunkte sowie den Aufstieg in den Rängen eher das Gefühl, Fortschritte zu machen. Das virtuelle Ableben bringt zwar dem gegnerischen Team ein paar EXP, aber sonst ist das Sterben lange nicht mehr so dramatisch wie im Hauptspiel. Solange ihr einen niedrigen Level habt, müsst ihr nur wenige Sekunden warten bis ihr wieder im Spiel seid und ihr kommt nun viel schneller an die gute Ausrüstung der Marines bzw. die höheren Lebensformen der Aliens. So kann man auch als Anfänger immer mal wieder mit einem Kampfroboter losziehen oder als riesiger Onos die Marines niedertrampeln und wird beim Ableben lediglich mit einer verlängerten Wartezeit bestraft.
Für mich sind die spielerische Tiefe, die geniale Mischung aus Action und Strategie sowie das unverzichtbare Teamplay des klassischen Natural Selection 2 noch immer eine unheimlich motivierende Mixtur. NS2: Combat hat zwar auch immer wieder geniale Momente, aber es wird für mich eben doch immer ein NS2-Light bleiben. Ich kann aber durchaus verstehen, dass die steile Lernkurve des Hauptspiels viele abschreckt und für diese Spieler ist es genau richtig. Es mag kein NS2 mehr sein, aber dafür ist es kurzweilig und trotzdem noch anspruchsvoller als ein Call of Duty oder Battlefield.
Ein großes Problem möchte ich allerdings nicht verschweigen: knapp 2 Wochen nach dem Release ist die Zahl der Spieler leider noch sehr überschaubar, wodurch ihr nicht unbedingt zu jeder Zeit einen gut gefüllten Server finden werdet. Doch das wird sich hoffentlich spätestens mit den kommenden Content-Updates und dem ersten Sale ändern.
Entwickler Faultline Games | Publisher: Unknown Worlds | Release: Oktober 2014
Genre: Action / First-Person / Online | Plattform: PC
Preis: ca. 15 € auf Steam | Pad Support: nein | Twitter
9 Antworten auf „Indie-Review: NS2 Combat“
Klingt jetzt nicht so gut. Wenn gerade der Commander das Spiel so stark von der Konkurrenz abhebt, nützt es meiner Meinung nach auf Dauer auch nix irgendwelche Deathmatch-Modi ohne ihn einzubauen.
Was mich an NS2 stört ist einfach die fehlende Abwechslung. Ich kann nicht genau sagen, woran es liegt, aber ich spiele 3-4 Partien und fühle mich, als hätte ich alles gesehen.
Mit dem Mapdesign werde ich nicht warm, die Klassen und Waffensysteme sind auch nicht so meins und für meinen Geschmack ist das Spiel zu wenig poliert.
NS2: Combat hebt sich allerdings auch ohne den Commander noch deutlich von der Konkurrenz ab, wie ich finde. Massenkompatibel ist es aber wohl trotzdem noch nicht so ganz, was man auch an vielen (unbegründeten) Beschwerden von Spielern sehen kann.
Schade, dass NS2 bei dir nicht so gezündet hat. Meine Erfahrung mit dem Spiel ist eher das Gegenteil. Ich entdecke immer wieder neue Taktiken, ich versuche noch immer mit Lerks und Fades besser zu werden und liebe einfach jedes kleine Detail des Spiels. Nach 430h Spielzeit und diversen Updates bin ich der Meinung, dass wirklich jedes Feature und jede Fähigkeit ihren Sinn hat und das Balancing (bei gleichwertigen Teams) nahezu perfekt ist. Der Spaß in NS2 steht und fällt halt auch mit dem Team, wenn es da einen schlechten Commander und/oder wenig Kommunikation gibt, dann geht viel von dem Potential verloren.
Was stört dich denn an den Maps? Das Layout oder die Optik?
Dadurch, dass die Maps allesamt innen (Gebäude, Höhlen, etc.) spielen und damit nicht offen sind, fehlen mir einfach die Eyecatcher. Damit meine ich nicht schöne Architektur oder tolle Lichteffekte. Die hat NS2 ja. Sondern eher Bewegung. Die Maps sind mir für das Sci-Fi Setting viel zu statisch.
Auch fehlen mir Interaktionsmöglichkeiten. Und seien es nur Türen, die man z.B. zuschweißen kann. In Zeiten in denen ich in anderen Shootern ganze Städte auseinandernehmen kann, vermisse ich das einfach.
Echte Außenlevel sind aufgrund des Gameplays der Aliens nahezu unmöglich, denke ich. Da wären Marines halt immer im Vorteil, sowas wie Kodiak mit seinen Pseudo-Außenarealen ist da wohl das höchste der Gefühle.
Durch die Infestation und die von Spielern gebauten Strukturen finde ich es eigentlich nicht statischer als andere Shooter, aber da ist sicher noch Luft nach oben, das stimmt. Gerade die Sache mit den Türen oder andere Möglichkeiten sich zu verbarrikadieren fände ich sehr interessant. Man muss aber auch zugeben, dass solche Elemente wie z.B. Levolution von BF4 in der Regel auch nur optisch was verändern und spielerisch fast gar keine Auswirkungen haben.
Also ich finde schon, dass es einen Unterschied macht, ob mich jemand mit seinem Gewehr erschießen kann, weil der Panzer vorher meine schützende Mauer weggeschossen hat.
Ich mag auch keine echten Außenlevels mit offenen Landschaften in NS2. Aber mal nen kleinen Wald (als Biotop z.B.) oder sich bewegende Loren in einem Bergwerk bieten sich doch an. Stattdessen gibts halt meist nur Gänge.
In einem klassischen Shooter hast du natürlich recht, aber dieses Beispiel lässt sich kaum auf NS2 übertragen. Die Marines ballern dann einfach alle Deckung weg und die Aliens sind chancenlos, weil sie im Gegensatz zu den Marines auf diese Deckung angewiesen sind.
Prinzipiell fänd ich mehr Dynamik in den Karten auch gut, aber ich glaube, dass das eben alles andere als leicht mit dem asymmetrischen Gameplay umzusetzen ist. Unknown Worlds ist halt auch ein eher kleiner Indie-Dev, der schon von Anfang an mit großen finanziellen Problemen zu kämpfen hat und da muss man sich wohl einfach auch auf das Wesentliche konzentrieren.
Hast du denn die Kodiak-Map mal gespielt? Da gibt es tatsächlich so einen kleinen Bereich mit Pflanzen, Bäumen, einem kleinen Fluss usw.
Nee, Kodiak hab ich noch nicht gespielt. Ich glaube das letzte Mal habe ich vor einem Jahr reingeschaut.
Ich mag übrigens asymmetrisches Gameplay. Ich finde nichts schlimmer, als die gleichen Parteien (mit anderen Namen) zu spielen und das ganze am besten noch auf gespiegelten Karten.
Meld dich einfach via Steam, wenn du es mal wieder versuchen magst und einen Mitspieler brauchst 😉
[…] dieser Zeit wurde auch bekannt, dass die Entwickler der Mod NS2: Combat ein Studio gegründet haben und ihr Werk als eigenständiges Spiel auf Steam veröffentlichen […]