Spiele wie Silent Hill und Resident Evil machten das Horror-Genre einst populär, doch die modernen Ableger dieser Serien haben mit den Klassikern von damals nur noch wenig gemeinsam. Für einige mag das schlicht digitale Evolution sein, für andere ist es hingegen der Beweis dafür, dass zu viele Veränderungen einem Genre auch schaden können. Das französische Indie-Team Trickster Face gehört zu letzterer Kategorie und das merkt man ihrem Erstlingswerk Long Night auch deutlich an.
Was seinen Vorbildern das alte Herrenhaus und die neblige Stadt ist, das ist in Long Night ein Ferienlager irgendwo in der amerikanischen Wildnis. Gemeinsam mit seinen drei Freunden verbringt der Teenager David dort jedes Jahr seine Ferien. Doch dieses Jahr könnte diese Tradition ihr Ende finden, denn eine ihrer Gruselgeschichten wird plötzlich wahr und verwandelt die letzte Nacht in einen echten Albtraum.
Für Lebensgefahr sorgen in Long Night jedoch keine schlurfenden Untoten oder die grotesken Bewohner einer düsteren Parallelwelt, sondern vielmehr die unterbewussten Ängste der Heranwachsenden. In jener verhängnisvollen Nacht nehmen all ihre schlimmsten Gedanken Gestalt an und trachten ihnen nach dem Leben. Im Fall von David ist es eine leicht bekleidete Schönheit mit langem schwarzem Haar und einer Vorliebe für Blut, die immer wieder in den Schatten erscheint und ihn durch das Camp hetzt.
Genau wie beim Slenderman solltet ihr in diesen Momenten dann lieber die Beine in die Hand nehmen, denn David ist unbewaffnet und vermutlich würden ihr Kugeln und Co. ohnehin nichts ausmachen. Einfach nur sprinten bringt es aber auch nicht, denn David ist Asthmatiker und wenn ihr seine Lungen überstrapaziert, dann bleibt er einfach stehen. Darum solltet ihr euch die Lage der magischen Zirkel einprägen, die im Camp verstreut sind und euch vor der schönen Bestie schützen.
Von diesem pazifistischen Kampfsystem mal abgesehen bedienen sich Trickster Face ungeniert bei den Horror-Klassikern der Neunziger. Die meiste Zeit seht ihr die Spielwelt also aus mehr oder weniger festen Kamerawinkeln, was bei einem Szenenwechsel auch schon mal zu den altbekannten Problemen mit der Steuerung führt. Insbesondere Liebhaber der alten Horror-Spiele dürfte das aber wohl wenig stören, denn die festen Perspektiven tragen auch in Long Night einen gewichtigen Teil zur Gruselatmosphäre bei.
Wenn ihr nicht gerade vor eurer Traumfrau flüchtet, dann durchsucht ihr das Camp nach euren Freunden und einer Erklärung für diese grauenvolle Nacht. Die meisten Hütten sind zwar verschlossen, aber vor allem das Haus des alten indianischen Campbetreibers hält ein paar interessante Geheimnisse – und witzige Easter Eggs – parat. Gerade in diesen ruhigen Momenten, wenn ihr durch die Gebäude schlendert, etwas rätselt und euch durch Notizen, Fotos und Habseligkeiten der anderen Charaktere wühlt, fängt das Spiel den Flair seiner Vorbilder gut ein.
Das Gameplay fällt zwar etwas zu simpel aus und auch die Story – die vornehmlich über Comic-Sequenzen erzählt wird – dürfte keine Preise gewinnen, aber diese erste Episode macht Lust auf mehr. Ursprünglich war das Spiel übrigens nicht im Episodenformat geplant, da aber weder auf IndieGoGo noch auf Kickstarter besonders viel Geld zusammenkam, musste man den Plan ändern. Mit den rund 5 €, die für die erste Episode fällig werden, helft ihr dem Team also auch aktiv bei der Fortsetzung des Projekts.
*Update: Aufgrund der schlechten Verkaufszahlen musste Trickster Face, der Entwickler von Long Night, mittlerweile schließen und somit wird es wohl keine weiteren Episoden mehr geben.
Publisher/Entwickler: Trickster Face | Plattform: PC / weitere Plattformen folgen
Genre: Horror / Adventure / 3D | Release: Juni 2014 | Website | Twitter
Preis: ca. 5 € auf Steam | Pad Support: ja | Spielzeit: ca. 2-3h
4 Antworten auf „Indie-Review: Long Night Ep.1: Alone I Break“
Noch habe ich es nicht gespielt. Und bin gerade ein wenig ernüchtert, denn ich dachte, der Comiclook wäre ein In-Game-Look…? Scheint ja nicht so zu sein… 🙁 Auch sonst hält sich deine Begeisterung ja eher in Grenzen, schade!
Hast du dir die Screenshots oder den Trailer auf Steam nicht angesehen und es direkt gekauft? ^^ Ich war schon damals bei der IndieGoGo Kampagne dabei und bin eigentlich ganz zufrieden damit. Die Qualität eines Silent Hill hatte ich ohnehin nicht erwartet und gemessen an dem kleinen Budget macht es seine Sache doch ganz gut. Ein Top-Titel ist es sicher nicht, aber für 5 € kann man wirklich nicht meckern. Mal schauen, ob sie sich in den folgenden Episoden noch steigern können.
Screenshots schon, aber wohl die falschen. Trailer gucke ich eigentlich nie, den traue ich nicht über den Weg. Könnte man aber wohl manchmal machen, lohnt sich vielleicht! 😉
Naja, trotzdem vermute ich mal, dass du 5 € schon schlechter investiert hast 😉