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Battle Gear Solid – Mod-Feature & Interview

Die größte Inspiration für Modder waren schon immer die Spiele selbst. Ob neue Level, um noch mehr Zeit in dieser Welt verbringen zu können, andere Mechaniken, die zusätzliche Tiefe reinbringen oder einfach Feinschliff, für den die eigentlichen Entwickler vielleicht nicht mehr die nötige Zeit oder das Budget hatten.

Auch Mashups, bei denen Modder beliebte Hits in „ihrem“ Spiel nachbauen, sieht man immer wieder. Für gewöhnlich gibt es bei diesen Projekten aber schon gewisse Überschneidungen. Wie beispielsweise beim grandiosen GoldenEye-Source für Half-Life 2. Beides sind Ego-Shooter und die Engine wurde genau für diese Art Spiel geschaffen. Nimmt man hingegen Pandemics Schlachtengetümmel in Star Wars Battlefront 2 und vergleicht es mit dem Story-getriebenen Schleich-Klassiker Metal Gear Solid, dann sind die Unterschiede gewaltig. Sie stammen nicht nur aus unterschiedlichen Generationen, sie spielen sich vor allem auch völlig anders.

Für Benedikt, im Netz besser bekannt als Benoz, war dieser Widerspruch jedoch kein Hindernis, sondern viel mehr eine willkommene Herausforderung. Der passionierte Modder aus der Nähe von Übersee am Chiemsee hat es in der Battlefront-Szene zu beachtlichem Ruhm geschafft. Für viele Fans ist seine Star Wars Clone Wars Era-Mod eines der absoluten Highlights auf modDB und über 100.000 Downloads unterstreichen das. Mit diesem Meilenstein kann sein Nebenprojekt Battle Gear Solid weder in Sachen Umfang noch Beliebtheit mithalten. Auf der einen Seite stehen tonnenweise neue Inhalte, von neuen Models und Klassen über erweiterte Mechaniken und grafische Verbesserungen bis hin zu neuen Heroes & Villains. Auf der anderen Seite steht eine Tech-Demo mit zwei sehr kleinen Umgebungen, die man in kaum mehr als 10 Minuten komplett erkundet hat.

Und trotzdem ist diese verblüffende Verschmelzung von zwei ikonischen Spielen das für mich weitaus spektakulärere Projekt. Selbst wenn es eben „nur“ ein Proof of Concept ist. Was als Discord-Scherz begann, ist zu einem herrlich absurden Beispiel dafür geworden, dass Modding (fast) keine Grenzen kennt. Daher freue ich mich auch ganz besonders, dass Benoz sich die Zeit genommen hat, um in einem kurzen Interview ein wenig über die Entstehung von Battle Gear Solid zu plaudern.

Wenn ihr selbst euer Star Wars Battlefront II (Classic) anwerfen und darin Shadow Moses Island besuchen wollt, dann könnt ihr die Mod (ca. 18 MB) auf modDB kostenlos herunterladen. Ansonsten findet ihr hier auch ein Video mit einem kompletten Playthrough:

Benoz

Interview mit Battlefront-Modder Benoz

Ich weiß, dass du schon vor gut einem Jahrzehnt mit der Arbeit an deiner beliebten Clone Wars Era Mod begonnen hast, die 2016 als 1.0 erschien und über die Jahre weitere Updates erhielt. War das auch dein Einstieg ins Modding und wie bist du überhaupt dazu gekommen?

Meine Begeisterung fürs Modding begann bereits 2012. Ich erinnere mich gut daran, wie ich damals mit Hilfe meines Onkels die ersten Mods für Star Wars Battlefront und Star Wars Battlefront II installiert habe und Seiten wie Filefront rauf und runter nach neuen Mods gescrollt habe. Als ich dann auf das Forum Gametoast gestoßen bin, konnte ich es nicht glauben, dass ich selbst eigene Mods erstellen kann. Meine erste eigene Mod Ryloth Rescue, entstand dann Anfang 2013. Es war eine einfache Map-Mod und auch wenn ich damals weder viel Ahnung noch eine klare Struktur hatte, war ich stolz darauf, mein erstes Projekt auf ModDB zu teilen.

Ebenfalls 2013 begann ich dann mit der Clone Wars Era Mod. Meine absolute Lieblings-Mod war Star Fire Side Mod für den ersten Teil der Battlefront Reihe, die mich unter anderem dazu motivierte, meine eigenen Ideen in einer Era-Mod umzusetzen. Da ich mit den Prequel-Filmen und der Klonkriege aufgewachsen bin, war für mich klar, dass meine Mod in dieser Ära spielen sollte. Die Clone Wars Era Mod war mein erstes wirklich großes Projekt, welches ich aktiv auf ModDB beworben habe und regelmäßig mit Content und Updates versorgt habe. Ich denke, gerade im letzten Update der Mod sieht man deutlich, wie weit sich das Projekt seit der ersten Veröffentlichung entwickelt hat – mit mehr Liebe zum Detail und einer klareren Struktur.

Battlefront und Metal Gear Solid sind zwei recht verschiedene Spiele. Sie stammen nicht nur aus unterschiedlichen Generationen, sie verfolgen auch grundverschiedene Ansätze. Wie bist du auf die Idee gekommen, ausgerechnet Kojimas Stealth-Game in einem Mehrspieler-Shooter nachzubauen, dessen Stärke auch noch große Schlachten in Außenlevels sind?

Meine Gaming-Erfahrung begann auf der Playstation 1, auf der ich Titel wie Die Dunkle Bedrohung oder Jedi Power Battles rauf und runter gespielt habe. Ich hatte auch eine Kopie von Metal Gear Solid, das ich damals zwar nie wirklich durchgespielt habe – aber ich fand die Box-Art und die Zeichnungen im Booklet einfach unglaublich cool und atmosphärisch.

Fast forward zu Juni 2020: Aus Spaß habe ich auf dem Discord von Gametoast einen Screenshot hochgeladen, der das typische Metal Gear-HUD in SWBFII zeigt. Ich kann nicht wirklich sagen wieso genau dieses Spiel, aber es muss mit meiner Nostalgie für die PS1-Zeit zusammenhängen. Ich habe einfach ein Faible für die Ästhetik und die ganz eigene Grafik dieser Ära.

Das überraschend positive Feedback auf den Screenshot, kombiniert mit dem augenzwinkernden Kommentar auf Discord „just wait to see some moron create an TDS or RTS in the Battlefront engine“ hat mich dann tatsächlich motiviert, weiter daran zu arbeiten. Was als kleiner Spaß begann, hat sich schnell zu meinem ehrgeizigsten SWBFII-Modding-Projekt entwickelt. Und ganz nebenbei hat es mich auch endlich dazu gebracht, Metal Gear Solid komplett durchzuspielen.

Kannst du uns etwas mehr über deine Vorgehensweise erzählen? Teile deiner, nennen wir es mal Tech-Demo, scheinen direkt aus dem Original zu stammen oder du hast sie nahezu perfekt nachgeahmt. An anderen Stellen musstest du offensichtlich improvisieren, weil Features wie etwa ein Alarm-System in Battlefront ja eigentlich nicht vorgesehen sind.

Anfangs sah ich das Projekt eher als kleine Spielerei. Ich wollte ausprobieren, wie gut sich gewisse Elemente aus Metal Gear in SWBFII umsetzen lassen. Ich begann mit dem HUD und verschiedenen Waffen – vorerst simplere wie der SOCOM oder der FAMAS, die sich leicht in Battlefront nachbauen lassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch kein klares Ziel für das Projekt. Ich wäre schon zufrieden gewesen mit einer flachen Map, in der man im Topdown-Modus mit neuem HUD und neuen Waffen herumlaufen und im klassischen Battlefront-Stil Gegner bekämpfen kann.

Gleichzeitig startete ich mein neues Metal Gear Solid-Playthrough, und verlor mich schnell komplett in einem Rabbit Hole. Ich schaute mir Videos über Metal Gear-Secrets und Devlogs vom Originalspiel an und stieß auf Demos von Leuten, die das erste Level in der Unreal Engine nachgebaut hatten. Dabei kam immer mehr der Gedanke auf: „Das müsste doch auch in SWBFII irgendwie machbar sein.“

Also begann ich, mithilfe unzähliger Ingame-Screenshots und Videos das erste Level Docks in Softimage nachzubauen. Man kann sagen, das war mein erstes richtiges 3D-Modeling-Projekt. Zum Glück stammt das Originalspiel aus der PS1-Ära – die relativ einfachen Shapes der Modelle kamen mir dabei sehr entgegen. Bei den Texturen wollte ich es so authentisch wie möglich halten: Ich verwendete ausschließlich Original-Texturen aus Metal Gear Solid. Natürlich mussten diese neu UV-gemapped und in vielen Fällen für SWBFII angepasst werden.

Besonders spannend – und stellenweise frustrierend – wurde es dann beim Scripting. Ich bin kein Programmierer, fühle mich aber grundsätzlich wohl damit, Programmiersprachen zu lernen. Meine erste große Aufgabe war es, ein funktionierendes Detection-System zu erstellen. Das Scripting in SWBFII läuft über LUA, allerdings unterstützt das Spiel nicht alle Funktionen der Sprache. Also musste ich mit den vorhandenen, recht limitierten Mitteln kreativ werden. Ich würde sagen, der Code, der am Ende entstanden ist, ist sicher nicht der sauberste, aber es ist mein eigener, und er funktioniert. Mit dem Detection-System als Ausgangspunkt, wollte ich immer mehr Mechaniken des Originals integrieren. Codec-Anrufe, gegnerisches Patrol-Verhalten und – worauf ich besonders stolz bin – ein nahezu nahtloser Übergang von einem Level ins nächste.

Alle verwendeten Sounds stammen direkt aus dem Originalspiel. Manche musste ich etwas kürzen oder anpassen, aber ich habe darauf geachtet, die Authentizität nicht zu verlieren. Besonders aufwendig war die Audiospuren der Codec-Calls so in die Scripts einzubauen, dass Hintergrundmusik und Soundeffekte bei einem Anruf erst aus- und danach wieder eingeblendet werden. Bei den Codec-Calls sieht man auch eine etwas größere Abweichung zum Original. Hier musste ich mich mit dem zufrieden geben, was Battlefront möglich macht.

Im April 2021 war es dann soweit: Ich habe in Gametoast unter der Rubrik „Maps/Mods Work In Progress“ einen längeren Beitrag verfasst. Zu diesem Zeitpunkt war das Level Docks komplett fertig, aber richtig „fertig“ fühlte sich das Projekt für mich noch nicht an. Ich hatte ursprünglich nicht geplant, die Mod zu veröffentlichen. Ich betrachtete es eher als persönliche Challenge, meine Fähigkeiten zu testen und SWBFII an seine Grenzen zu bringen. Doch mehr und mehr Leute haben mich gefragt, ob sie „Battlegear Solid“, wie ich das Projekt mittlerweile getauft hatte, nicht selbst spielen könnten. Für eine Veröffentlichung fand ich das Projekt allerdings noch zu klein. Also habe ich mit der Umsetzung des nächsten Levels Heliport begonnen und freute mich schon auf neue Herausforderungen wie das Item-Pickup- oder das Überwachungskamera-System.

Im Mai 2024 habe ich schließlich meine Arbeit an Battlegear Solid abgeschlossen und die Mod auf ModDB und Gametoast veröffentlicht. Ich wollte natürlich, dass auch die ModDB-Seite die besondere Metal Gear-Atmosphäre widerspiegelt. Deshalb habe ich zusätzlich Grafiken im Stil des klassischen Gaming-Guides und Artworks für alle Daten und Links erstellt, die eine Mischung aus Star Wars Battlefront II und Metal Gear Solid darstellen.

Für mich ist das Projekt ein gelungener Versuch, auf meine eigene Art das Maximum aus SWBFII herauszuholen – und auf dem Weg habe ich unglaublich viel über Modelling, Animation, Texturing, Scripting und Sounddesign gelernt.

Wirst du dem Modding treu bleiben oder willst du deine Talente in Zukunft anders einsetzen?

Modding war seit Anfang an ein Hobby für mich, welches immer mal wieder geplagt ist von langen Motivationspausen, dann aber doch wieder entstaubt wird. Und immer wieder packt es mich aufs Neue. Es macht mir unglaublich viel Spaß, meine eigenen Modelle und Texturen zu erstellen, Waffen und Einheiten bis ins kleinste Detail zu tweaken und neue Spielmodi zu erstellen. Oft bin ich an einem Punkt, wo ich denke: „So, das passt jetzt – kann raus“, nur um dann die nächsten Tage wieder an einer Kleinigkeit zu feilen.

Wenn ich heute auf meine früheren Projekte zurückschaue, würde ich natürlich vieles anders machen. Von der Strukturierung der Projekte bis hin zur Präsentation auf ModDB und anderen Plattformen. Aber genau das ist ja auch wichtig, dass man mit neuen Projekten wächst. Aktuell arbeite ich mit Hochdruck und viel Motivation am nächsten Update meiner Clone Wars Era Mod – und danach habe ich schon ein paar weitere Ideen im Kopf, die ich eventuell umsetzen möchte.

Den großen Publishern scheint Modding schon seit vielen Jahren eher ein Dorn im Auge zu sein. Echten Support für kreative Fans in Form von Tools und Workshop findet man fast nur noch bei Indie-Projekten. Wie siehst du diese Entwicklung und welchen Eindruck hast du von der heutigen Modding-Szene?

Ich bin wahrscheinlich etwas zu detached von der heutigen Gaming-Industrie, um hier eine gerechte Antwort zu geben. Aber wenn ich zurückblicke, wie viel Zeit ich z.B. mit Skyrim verbracht habe – oder besser gesagt: mit dem ständigen Downloaden und Zusammenwerfen der perfekten Modpacks – dann denke ich der Drang zu modden ist bei vielen Spielen immer noch riesig, sowohl alt wie neu. An den Ideen und Kreativität vieler Communities mangelt es auf jeden Fall nicht. Manche Spiele leben sogar erst durch ihre Modding-Communities weiter. Ein gutes Beispiel dafür ist Star Wars Battlefront II von Dice, wessen Support jetzt ja schon seit einigen Jahren eingestellt wurde. Man findet immer noch regelmäßig Videos von neuen Mods oder Updates von großen Modpacks und das Spiel liefert jetzt viel mehr Content als zuvor. Es gibt sicher auch Publisher, die Mods eher kritisch sehen oder sie bewusst einschränken. Aber gleichzeitig gibt es auch Entwickler, die sich von beliebten Mods inspirieren lassen und bestimmte Features direkt ins Spiel übernehmen. Persönlich würde ich das als Mod-Autor sogar als Erfolg sehen.

Hast du zum Abschluss vielleicht noch andere Projekte (Mods, Indies etc.), die du uns empfehlen möchtest?

Was Star Wars Battlefront II angeht, würde ich auf jeden Fall empfehlen, die Star Wars Battlefront 3: Legacy Mod im Auge zu behalten. Auch wenn das letzte Update schon eine Weile zurückliegt, sehe ich, dass das neue Team viel Zeit und Liebe in ihre Arbeit stecken und die nächste Version mit Sicherheit viele spannende Neuerungen bringen wird. Eine weitere Mod, die man unbedingt ausprobieren sollte, ist Battlefront Halation, eine Total Conversion, die SWBFII in die Welt von Halo überträgt.

Auf meiner persönlichen Watchlist stehen außerdem ein sehr ambitioniertes Dreams-Projekt für die PS4 namens Four Seasons, das die komplette Welt von Avatar – Der Herr der Elemente endlich in spielbare Form umsetzt. Ich hab zwar selbst keine PS4, aber ich verfolge das Projekt mit Begeisterung und staune immer wieder, was dieses Team erreichen kann.

Und wenn’s um Indie-Titel geht, möchte ich unbedingt noch The Last Night* erwähnen. Seit es 2014 als Gewinner eines Cyberpunk-Game-Jams entstanden ist, warte ich gespannt auf den Release. Der Art Style ist einfach unglaublich – und alles, was ich bisher gesehen habe, von der Art Direction über die Musik bis hin zum World Building, macht es für mich zum spannendsten Indie-Titel in Entwicklung.


*Anmerkung des Redakteurs: Ich habe das Spiel damals noch vor den offiziellen Ankündigungen via Twitter (rip) entdeckt und war zunächst auch begeistert. Grafik und Stimmung waren extrem vielversprechend. Leider ist Tim Soret, der Lead Designer von The Last Night, in der Vergangenheit wiederholt mit problematischen Aussagen aufgefallen. Das Projekt ist zudem seit über acht Jahren offiziell in Entwicklung und manche sprechen bereits von Vaporware. Überdies wird bei der Entwicklung GenAI verwendet, wenn auch in einem nachvollziehbaren Kontext zur Spielwelt.
REPLACED von Sad Cat Studios und Coatsink geht übrigens stilistisch in eine ähnliche Richtung.

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