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Experimentell Indie Review / Test

Indie-Review: Project Temporality

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Ob nun Portal-Gun oder High-Tech Handschuhe, für einen cleveren 3D-Puzzler bin ich eigentlich immer zu haben und Project Temporality macht da keine Ausnahme. Gut 4 Jahre hat das kleine Team von Defrost Games an seinem Spiel gearbeitet und in dieser Zeit nicht nur zahllose Abende und Wochenenden investieren, sondern auch noch die Enttäuschung einer fehlgeschlagenen IndieGoGo-Kampagne verkraften müssen. Doch sie haben an ihrem Traum festgehalten und das ist zum Glück nicht der einzige bemerkenswerte Aspekt ihres Spiels.

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Wenn es um 3D-Puzzler geht, dann dauert es meist nicht lange, bis die ersten User das jeweilige Spiel als Portal-Klon bezeichnen oder es in ähnlicher Form abwerten, aber bei Project Temporality könnte man damit kaum falscher liegen. Ihr seid Test-Kandidat Nummer 87 und werdet auf einer Raumstation irgendwo in der Endlosigkeit des Alls aus dem Cryo-Schlaf geholt. Auf der Station wird mit einer neuen Technologie experimentiert, die ihr als einer von gut hundert handverlesenen Freiwilligen in der Verfolger-Perspektive erproben sollt. Doch nicht nur die Perspektive ist anders, auch die komplette Spielmechanik basiert auf einem anderen und vor allem innovativen Konzept.

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Wie der Name schon andeutet, drehen sich die Experimente um Zeit und die Manipulation selbiger. Das bedeutet, dass ihr dank eines futuristischen Implantats zurückspulen und eure Aktionen rückgängig machen könnt. Wenn ihr jetzt aber denkt, dass ihr das auch schon aus Braid kennt, dann liegt ihr falsch, denn hier geht man noch viel weiter. Ihr könnt nämlich nicht nur hin und her spulen, sondern auch sogenannte Time-Clones erstellen. Diese Klone führen dann genau die Bewegungen aus, die ihr vor seiner Erschaffung vollführt habt. Jeder Schritt, jeder Sprung und jede Sekunde des Wartens wird also exakt nachgeahmt, wodurch quasi ein Einzelspieler-Koop entsteht.

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Auf diese Weise müsst ihr eine Reihe von Test-Parcours absolvieren, die euch im Laufe des Spiels vor immer kniffligere Aufgaben stellen und immer wieder neue Mechaniken einführen. Zu Beginn müsst ihr lediglich euren Klon auf Schaltflächen schicken, um euch Tore zu öffnen, Plattformen zur rechten Zeit in Gang zu setzen oder Laserbarrieren neu auszurichten. Später kommen immer mehr Elemente gleichzeitig ins Spiel und ihr müsst mehr und mehr auf das Timing achten und mit der begrenzten Zahl eurer Klone haushalten, wenn ihr den Ausgang erreichen wollt. Und wenn ihr dann glaubt, das Prinzip durchschaut zu haben, stellt euch Defrost Games vor eine neue Aufgabe. Die sogenannten Temporality Fields lassen sich nämlich nicht von eurer Zeitmanipulation beeinflussen, wodurch sich Tore für immer schließen und Plattformen nicht mehr zu ihrem Ausgangspunkt zurückkehren. Spätestens wenn solche Elemente dann wiederum in Kombination mit manipulierbaren Objekten auftauchen, kommt ihr ordentlich ins Grübeln und müsst viel probieren, bis euch endlich ein Licht aufgeht.

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Während die außergewöhnliche Spielmechanik bis zum Ende interessant bleibt, nutzt sich die Optik und das Leveldesign leider recht schnell ab. Die immer gleich aussehenden Korridore und Räume zeigen leider recht schnell, dass Project Temporality von einem kleinen Team mit kaum vorhandenem Budget entwickelt wurde. Durch das gescheiterte Crowdfunding musste man in vielen Bereichen Abstriche machen und so erzählt man z.B. die Hintergrund- geschichte ausschließlich durch Notizen, Emails und kurze Funksprüche, die allesamt ohne Ton auskommen müssen. Umso erstaunlicher ist es eigentlich, dass die extra für das neue Spielkonzept entwickelte Sparta3D Engine einen so guten Job macht. Ein Lob verdient zudem der Soundtrack, der euch auch dann nicht nervt, wenn ihr mal wieder länger nach einer Lösung sucht.

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Project Temporality ist weit vom cleveren Storytelling eines Portal entfernt und man sieht ihm das fehlende Budget schon nach wenigen Levels an. Die Spielmechanik ist dafür aber wirklich einzigartig und trotz aller Widrigkeiten so gut umgesetzt worden, dass ein großer Teil des Spiels vornehmlich in eurem Kopf stattfindet und euch schlussendlich immer wieder mit kleinen Aha-Erlebnissen belohnt.

Publisher/Entwickler: Defrost Games | Plattform: PC
Genre: 3D-Puzzler | Release: März 2014 | Website | Trailer | Twitter
Preis: ca. 13 € auf Steam oder auf Desura

*Vielen Dank an Defrost Games/Gunnar Johansson für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.

3 Antworten auf „Indie-Review: Project Temporality“

Noch ein Spiel, das ich mir mal anschauen werde. Wie findest Du solche Sachen bloß immer? Ich schaue auch regelmäßig bei Steam Greenlight, Kickstarter u.Ä. vorbei, aber da gibts ja so viel Mist und normalerweise fehlt mir einfach die Zeit (und die Lust), darin stundenlang nach ein paar Perlen zu tauchen …

Daher bin ich sehr dankbar für Seiten wie Deine. Unbedingt weitermachen! 🙂

Also neben Greenlight, Crowdfunding und Indie-Seiten ist auch Twitter eine gute Quelle für Indie-Tipps. Man muss halt den richtigen Leuten folgen und sich dann auch mal durch hunderte Tweets kämpfen, aber das ist es dann meistens doch wert. Danke für das Lob, ist nicht immer so einfach, aber ich bemühe mich, regelmäßig neue Artikel zu bringen. Meine Klickzahlen sind zwar noch immer sehr bescheiden, aber zum Glück hab ich ja ein paar treue Leser wie dich, sonst hätte ich wohl inzwischen wieder aufgegeben 🙂

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